Universal Pictures (UPI)
Matthijs van Heijningen Jr. auf der Weltpremiere von "The Thing" in Los Angeles
"Ich kann mich nur selbst enttäuschen!"
Interview: Matthijs van Heijningen Jr. selbstbewusst
Bereits als Jugendlicher ist Matthijs van Heijningen Jr. ein großer Fan von John Carpenters "Das Ding aus einer anderen Welt". Deshalb habe es ihn besonders gefreut, das Prequel "The Thing" inszenieren zu dürfen, wie er im Gespräch mit Ricore Text berichtet. Darin erzählt er auch, was er von Found-Footage-Filmen wie "Paranormal Activity" hält, ob er im echten Leben zu Paranoia neigt und wie es um die Realisierung seines "Army of the Dead"-Projekts bestellt ist.
erschienen am 23. 03. 2012
Universal Pictures (UPI)
The Thing
Ricore: Wie schwierig war es als Hollywood-Debütant Ihre zwei Kernforderungen durchzusetzen: Norweger werden von Norwegern verkörpert und es werden möglichst nur Computerfreie Effekte eingesetzt?

Matthijs van Heijningen Jr.: Beides war überraschend einfach. Ich war von Anfang an der Meinung, dass die norwegischen Charaktere von echten Norwegern und nicht von Amerikanern gespielt werden müssen. Andernfalls hätte ich mich als Regisseur lächerlich gemacht. Deshalb ging ich zum produzierenden Studio und sagte: "So wird es gemacht und nicht anders!". Überraschenderweise antworteten sie: "Okay, kein Problem!". Bezüglich der Effekte hat es sich einfach ergeben, dass dies das Beste für den Film ist.

Ricore: Wie wichtig waren diese für die Atmosphäre von "The Thing"?

Van Heijningen Jr.: Für Schauspieler ist so etwas natürlich von Vorteil. Wenn sie beim Dreh eine Tür öffnen, ist da nicht nur ein exemplarischer Tennisball, sondern das richtige Monster. Das hilft gut, um sich in die Geschichte einzufühlen.

Ricore: Hat Ihre Erfahrung als Werbeclip-Regisseur bei der Inszenierung des visuellen Aspekts von "The Thing" geholfen?

Van Heijningen Jr.: Eine Menge, da ich in all den Jahren viel mit Spezialeffekten gearbeitet habe. Als Regisseur weiß ich deshalb was gemacht werden kann und was nicht. Wenn man in diesem Bereich noch nicht so viel Erfahrung hat, kann es passieren, dass man denkt: "Es ist in Ordnung im Studio zu drehen und es so aussehen zu lassen, als wäre man in der Antarktis." Tatsächlich ist es aber so, dass man fast immer erkennt, dass es ein Fake ist. Und so etwas lernt man, wenn man Werbeclips dreht.

Ricore: Wie sind Sie auf die Drehorte in Toronto und British Columbia gekommen?

Van Heijningen Jr.: Die Außendrehorte waren sehr einfach zu finden, da sie von John Carpenter bereits für sein "Das Ding aus einer anderen Welt" ausgekundschaftet worden waren. Wie Sie wissen, gibt es in der Antarktis keine sichtbaren Bäume. Deshalb mussten wir in British Columbia eine Gegend finden, die gleichzeitig hoch und flach ist und wo es keine Bäume gibt. In British Columbia gibt es ein so hohes Plateau, welches zu hoch für Bäume ist, nicht zu hügelig ist und deshalb perfekt für uns geeignet war. Toronto war unter anderem deswegen unsere Wahl, weil wir den kompletten Film in Kanada drehen wollten. Tatsächlich sollte eigentlich in Vancouver gedreht werden. Das ging jedoch nicht wegen der damals dort stattfindenden Olympischen Winterspiele.
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Das Ding aus einer anderen Welt (Ungekürzte Fassung)
Ricore: Wieviel Druck haben Sie gespürt, das Prequel zum beliebten John Carpenter-Klassiker "Das Ding aus einer anderen Welt" zu drehen?

Van Heijningen Jr.: Sehr großen Druck [lacht]! Das Werk von John Carpenter gehört zu meinen absoluten Lieblingsfilmen des Genres. Als 17-Jähriger saß ich im Kino und war von den Effekten sowie der Spannung sehr beeindruckt. Ich bezeichne mich sogar als richtigen Fanboy von "Das Ding aus einer anderen Welt". So war es auf der einen Seite von Vorteil, dass gerade ich "The Thing" drehte, weil ich ein echter Fan bin. Auf der anderen Seite hatte ich Angst mich als Fan zu enttäuschen. Wegen den Reaktionen von anderen war ich hingegen nicht besorgt. Ich musste mich einfach fragen: "Werde ich das Erbe von John Carpenter ruinieren?"

Ricore: Was ist das Besondere an "Das Ding aus einer anderen Welt"?

Van Heijningen Jr.: Was ich an dem Film für wirklich besonders halte, ist wie man als Zuschauer die Entwicklung der Angst bei den Protagonisten spürt. Alle sieben sind völlig normale Leute und haben keine ernsthaften Probleme. Doch bereits kurze Zeit nachdem sie sich kennenlernen, misstrauen sie einander. Die sich dann entfaltende Paranoia war definitiv das Beeindruckendste am gesamten Film.

Ricore: Mit Paranoia spielen auch sogenannte Found Footage-Filme wie "Blair Witch Project" und "Paranormal Activity". Was halten Sie von Horror-Werken wie diesen?

Van Heijningen Jr.: Paranoia ist in solchen Streifen natürlich sehr wichtig. Filme wie "Saw" setzen hingegen auf extremen Terror. Ich habe "Paranormal Activity" gesehen, aber nicht die beiden Sequels, obwohl ich den ersten Teil sehr spannend fand. Speziell die Szene, in der die Protagonistin vor ihrem Bett steht und ihr Freund feststellt, dass sie dort für über sechs Stunden gestanden hat, ist echt verrückt [lacht]!

Ricore: Sind Sie ein paranoider Mensch?

Van Heijningen Jr.: Das kann ich absolut verneinen [lacht]!

Ricore: Für den Dreh von "The Thing" hätte das helfen können.

Van Heijningen Jr.: Da haben Sie wohl Recht. Es gibt viele Künstler, die aus ihren persönlichen Problemen oder Krankheiten für ihre Werke Kapital schlagen.
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Matthijs van Heijningen Jr. am Set von "The Thing"
Ricore: Ziehen Sie privat Horror-Streifen, oder Komödien vor?

Van Heijningen Jr.: Ich mag vor allem gute Filme. Da ist es egal aus welchem Genre sie kommen. Hauptsache die Geschichte ist gut, glaubhaft und zieht mich in ihren Bann! In dem Moment, wo du vergisst, dass du einen Film siehst, weißt du, dass du einen guten Film siehst.

Ricore: Zu welchem Ergebnis kommen Sie, wenn Sie die niederländische Filmindustrie mit Hollywood vergleichen?

Van Heijningen Jr.: In Hollywood sind die wirtschaftlichen Zwänge wesentlich größer. In den Niederlanden werden genau wie in Deutschland Filme subventioniert. Der Staat investiert viel Geld in die heimische Filmproduktion. So ist es zunächst die Hauptaufgabe des Regisseurs, um staatliche Fördergelder zu buhlen. Wenn das geschafft ist, kann man es lockerer angehen lassen und die Dynamik ist insgesamt eine andere.

Ricore: Vor Ihrer Karriere als Regisseur, haben Sie Jura studiert. Warum haben Sie abgebrochen und das Fach gewechselt?

Van Heijningen Jr.: Mein Vater ist Filmproduzent. Mir ging es deshalb zunächst einfach darum, etwas anderes zu machen als er. Weil ich noch nicht wusste, was ich machen wollte, studierte ich Jura. Da ich aber nie wirklich Anwalt werden wollte, sagte ich mir nach einigen Jahren: "Nun ist genug. Nun machst du etwas anderes!". Aber vielleicht helfen mir meine überschaubaren Jura-Kenntnisse in Hollywood ja ein wenig [lacht]. Als Jurist lernt man ständig auf der Hut zu sein und mit großen Problemen ruhig umzugehen.

Ricore: Ist Ihr "Army of the Dead"-Projekt eigentlich noch in Planung?

Van Heijningen Jr.: Nach derzeitigem Stand, ist das Projekt ziemlich eingeschlafen. Ich bin mir nicht sicher, ob es je wieder aufwachen wird. Das Problem an "Army of the Dead" ist, dass es sehr teuer zu drehen ist. Las Vegas wird von Zombies komplett zerstört. Um das glaubwürdig umzusetzen, müsste man eine Menge Geld in die Hand nehmen. Insofern liegt es mehr an finanziellen, als an kreativen Dingen, weshalb "Army of the Dead" noch nicht realisiert wurde.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 23. März 2012
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The Thing (Kinofilm)
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2024