Ricore: Gibt es auch Nachteile einer so langen Zusammenarbeit? Vielleicht verfällt man in schon bekannte Schienen...
Noethen: Ja, aber nicht deswegen, weil man mit einem Partner lange gearbeitet hat. Die Schienen sind in einem selber, es hat nichts mit dem Partner zu tun. Wenn da kein Regisseur ist, der einem Denkanstösse gibt oder sagt: "Versuch mal über eine andere Kante zu denken", dann entsteht eine gewisse Ratlosigkeit. Und man denkt sich: "Na gut, ich mache es so, wie ich es gewohnt bin. Da kann ich mich darauf verlassen, dass der Zug irgendwo ankommt". Das ist eine Form von Eingefahrenheit und da ist der Regisseur gefordert, um den Zug zum Entgleisen zu bringen.
Ricore: Sie haben ihre Karriere auf der Bühne angefangen. Bekommen Sie immer noch Angebote vom Theater?
Noethen: Nein, da ist der Kontakt irgendwie abgerissen. In manchen Köpfen existiert diese Trennung zwischen Theater und Fernsehen. Diese Trennung wird von der Fernsehseite her viel lockerer gesehen. Aber ich empfinde nach wie vor bei den Leuten im Theater eine Art Bundmentalität. Man hat manchmal den Eindruck, Theaterleute sind sich nicht sicher, ob man Fernsehleute überhaupt noch Schauspieler nennen darf. Das ist jetzt sehr überspitzt. Ich schere nichts über einen Kamm, aber es gibt solche Leute und die sitzen im Theater. Mit aller Vorsicht gesagt. Lange Rede, kurzer Sinn. Ich habe den Kontakt zum Theater sträflich vernachlässigt. Ich kann jetzt nicht erwarten, dass jemand anruft und mich einlädt. Es gibt genug andere Schauspieler. Ich bin platt, was für eine junge Generation heranwächst. Wenn wir andere Produktionsverhältnisse wie zum Beispiel in Hollywood hätten, dann müssten wir uns überhaupt nicht verstecken.
Ricore: Ist das Theater eine gute Schauspielschule?
Noethen: Mir persönlich hat es sehr viel gebracht. Die Art und Weise wie mit Drehbüchern und Texten umgegangen wird, oder die technischen Abläufen beim Spielen - all das sind Sachen, die beim Theater Grundwerkzeug sind. Deswegen ist es für einen Schauspieler von großem Vorteil, wenn er auf der Bühne gearbeitet hat.
Ricore: Gibt es Unterschiede zwischen Kino- und Fernsehproduktionen?
Noethen: Die Stoffe sind unterschiedlich. Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich auf dem kleinen Bildschirm zu sehen bin oder auf der großen Leinwand. Das eigene Ego wird mehr gestreichelt, wenn man sich auf der Leinwand sieht. Der Nimbus um das Kino wird noch größer gemacht. Das Fernsehen hingegen ist viel selbstverständlicher, tagtäglicher. Kino ist immer noch etwas besonderes, das über das Fernsehen hinausgeht.
Ricore: Sie sind mit einer Kollegin liiert. Gibt es da manchmal Probleme?
Noethen: Das ist nicht leicht. Aber das Problem ist im Moment kein Problem mehr, da sie Theater macht und ich nicht. Da bewegen wir uns in komplett verschiedenen Welten.
Ricore: Vielen Dank für das nette Gespräch!