Tobis Film
Morgen ist auch noch ein Tag ("C'è ancora domani", 2023)

Morgen ist auch noch ein Tag

Originaltitel
C'è ancora domani
Alternativ
There's Still Tomorrow (intern. Titel)
Regie
Paola Cortellesi
Darsteller
Paola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli, Vinicio Marchioni
Kinostart:
Deutschland, am 04.04.2024 bei TOBIS Film
Kinostart:
Schweiz, am 04.04.2024 bei Morandini Film Distribution
Genre
Komödie
Land
Italien
Jahr
2023
FSK
ab 12 Jahren
Länge
118 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Exzellentes Spielfilmdebür von Paola Cortellesi
Auf Delia (Paola Cortellesi) lastet die gesamte Verantwortung für die Versorgung der Familie. Sie putzt und wäscht für reiche Römer, jobbt in kleinen Werkstätten und kümmert sich um Kranke. Jede Lira fordert ihr Mann Ivano (Valerio Mastandrea) am Abend von ihr ein. Er selbst geht zu Huren, spielt und vertrinkt seinen Lohn in Kneipen. Das Machogebaren sitzt tief in ihm, er hält es auch für sein Recht, seine Frau regelmäßig zu schlagen.

Tochter Marcella (Romana Maggiora Vergano) beobachtet das Verhältnis der Eltern verständnislos. Sie will der Armut und den beengten Verhältnissen durch eine Heirat mit dem reichen Sprößling Giulio (Francesco Centorame) entkommen. Langsam dämmert auch Delia, dass es so nicht weitergehen kann. Einen Ausweg könnte ein alter Verehrer bieten, der immer noch in sie verliebt ist und mit ihr den Neuanfang im Norden Italiens wagen will.

Delias fünfköpfige Familie wohnt inklusive dem grantigen Schwiegervater in der Kellerwohnung einer Mietskaserne. Die amerikanischen GIs sind in der Stadt noch präsent. Vor den Lebensmittelgeschäften bilden sich lange Schlangen und das Misstrauen sitzt tief gegenüber Menschen, die sich dem Mussolini-Regime angedient haben oder vom Leid ihrer Mitmenschen profitierten. Andererseits sehen die Nachbarinnen darüber hinweg, wenn Delia mal wieder von ihrem Mann verprügelt wird.
Mit der Tragödie wird im Oktober 20232 das Filmfestival von Rom eröffnet. Dort wird es unter anderem mit dem Jury- und dem Publikumspreis ausgezeichnet: Sieben Wochen steht der Debütfilm von und mit Paola Cortellesi anschließend auf Platz 1 der italienischen Kinocharts und wird in Italien mit mehr als 5 Millionen Zuschauer zum erfolgreichsten Film des Jahres. Außerdem gehört der Blockbuster zu den zehn am meisten gesehenen italienischen Filmen.

Stilistisch knüpft der Film an die Filme des italienischen Neorealismus an, wechselt beständig zwischen Drama und Komödie, und schildert sehr genau die Lebensverhältnisse der ärmeren Bevölkerung und den Gegensatz zum Leben der Reichen in den Villen und besseren Vierteln. Nur die beschwingte Musik setzt moderne Akzente. Die Gewalt von Ivano wird nie gezeigt, sie wird in einer fast balletthaften Szene aufgelöst.

Paola Cortellesi prägt auch als Schauspielerin die Emanzipations-Geschichte, die ins Rom im Vorfeld des 2. Juni 1946 führt. Erstmals dürfem an diesem Tag Frauen an die Wahlurnen beim Referendum, das das Ende der Monarchie und den Beginn der Republik einläutet. Schon dieses Stück Gleichberechtigung müssen sie sich in der patriarchalischen Gesellschaft hart erkämpfen. Das spielt im Film selbst aber kaum eine Rolle. Und das ist gut so.

Das Wahlrecht ist nur ein Puzzlestein zu wahrer Gleichberechtigung und reicht nicht aus, wie Delia weiß. Ihre Geschichte bekommt gerade durch das Weglassen des Anlasses ihres Aufgebgehrens große Allgemeingültigkeit und Universalität über den Einzelfall hinaus.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Tobis Film
Paola Cortellesi in "Morgen ist auch noch ein Tag" ("C'è ancora domani", 2023)
2024