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Im Auftrag des Terrors

Im Auftrag des Terrors

Originaltitel
L'avocat de la terreur
Alternativ
Terror's Advocate (Festivaltitel)
Regie
Barbet Schroeder
Darsteller
Tobias Wunschik, Colonel Raymond Muelle, Claude Moniquet, Gilles Menage, Alain Marsaud, Magdalena Kopp
Kinostart:
Deutschland, bei
Kinostart:
Schweiz, am 22.05.2008 bei Frenetic Films
Genre
Dokumentarfilm
Land
Frankreich
Jahr
2007
Länge
135 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Doku über Frankreichs meist gehassten Anwalt
Jacques Vergès ist eine zwiespältige Persönlichkeit. Als Sohn einer Vietnamesin und eines Franzosen diente er lange Zeit unter Charles de Gaulle in Nordafrika, Italien und Frankreich. Erst nach diesen Kriegseinsätzen begann er ein Jurastudium. Sein Staatsexamen machte er mit 30 Jahren. Danach spezialisierte er sich auf die Verteidigung prominenter, höchst umstrittener Persönlichkeiten. So verteidigte er unter anderem den ehemaligen Gestapo-Offizier Klaus Barbie, der dem Volk unter dem Begriff Schlächter von Lyon bekannt wurde. Vergès übernahm auch die Verteidigung des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević sowie des Holocaust-Leugners Roger Garaudy. Zu seinen weiteren Klienten gehörten der ehemalige Staatspräsident von Mali, Moussa Traoré, der Terrorist Ilich Ramírez Sánchez und der ehemalige Diktator von Togo, Gnassingbé Eyadéma. Aufgrund dieser illustren Gesellschaft erhielt Jacques Vergès von der Boulevardpresse den Beinamen Anwalt des Teufels.
Barbet Schroeder hängt schön seit jeher der Ruf nach, sich für außergewöhnliche Charaktere zu begeistern. Insofern ist seine Dokumentation "Im Auftrag des Terrors" über Jacques Vergès, den umstrittenen und wohl meist gehassten Anwalt Frankreichs, nicht verwunderlich. In langen, aber überaus spannenden und mitreißenden 132 Minuten lässt Schroeder beinahe alle Weggefährten Vergès' zu Wort kommen. Den Vorwurf der Einseitigkeit kann er daher mit ruhigem Gewissen zurückweisen. Allerdings fällt es dem unwissenden Publikum nicht immer leicht, dem Geschehen zu folgen. Interviews wechseln sich im raschen Tempo mit Standbildern, Fotos, Videoausschnitten. "L'avocat de la terreur" - so der Originaltitel - ist daher keine einfache Kost, sondern eine Dokumentation, die den Zuschauer fordert. Es wäre daher auch angebracht, einige Vorkenntnisse über die Untiefen der Menschlichkeit der letzten 60 Jahre zu haben. Damit ist man jedenfalls besser bedient, als unbedarft in den Film hineinzugehen.

Kritiker zeigten sich von dieser engagierten Dokumentation durchwegs begeistert. So lobte die New York Times diese als "engagiertesten, moralisch verstörendsten Politthriller". 2007 schaffte es "Im Auftrag des Terrors" zudem in der Reihe "Un Certain Regard" der Filmfestspiele von Cannes zu sehen, was nicht vielen Dokumentationen gelingt. Ein Jahr später wurde das Werk bei den wichtigsten Filmpreisen von Frankreich mit einem César für die beste Dokumentation ausgezeichnet. Dieser überaus positive Konsens rührt vielleicht daher, dass es Schroeder gelingt, keine Position zu beziehen. Moralisch verstörend ist der Film ohne Zweifel, da ehemalige Bombenleger und Diktatoren, und sogar Neonazis zu Wort kommen, ohne dass man ihnen Einhalt gebietet. Trotz des Versuchs, die Person Jacques Vergès in vielen Facetten zu zeigen, ist man hinterher noch unschlüssiger, verstörter und irritierter als zuvor. Vielleicht war aber genau dies die Absicht des Regisseurs.
Andrea Niederfriniger, Filmreporter.de
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Im Auftrag des Terrors
2024