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Am Gleimtunnel - Hier und drüben: Acht Dokumente einer Annäherung

Originaltitel
Am Gleimtunnel - Hier und drüben: Acht Dokumente einer Annäherung
Regie
Torsten Löhn
Darsteller
Yasin Bat, Moritz Becker, Max Boekhoff, Onur Bozdag, Cyrill Callenius, Hanna Geermann
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Dokumentarfilm
Land
Schweiz, Deutschland
Jahr
2009
Länge
74 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Dokumentarischer Beitrag zur Integrationsdebatte
"Am Gleimtunnel - Hier und drüben: Acht Dokumente einer Annäherung" ist ein filmisches und reales Experiment. Schulkinder aus zwei Berliner Stadtteilen arbeiten aktiv an dokumentarischen Filmen mit. Gemeinsam entwickeln sie Porträts von Menschen, die diesseits und jenseits des Gleimtunnels leben und arbeiten. Obwohl der Tunnel bis vor 20 Jahren die Grenze zwischen Ost- und Westberlin markierte, ist diese Überwindung der Mauer hier längst noch nicht gelungen. Es geht um die Trennung der Berliner Stadtteile, dem Gesundbrunnen mit einem Ausländeranteil von 95 Prozent und dem Prenzlauer Bergs mit überwiegend deutschen Bewohnern. Auch Jahre nach der Wiedervereinigung und anhaltender Integrationsdebatte sind sich die Menschen beider Stadtteile fremd geblieben, da die Kommunikation und das Verstehen an Vorurteilen und Ressentiments gescheitert sind. Unter der Obhut des Filmteams um Torsten Löhn machen sich Kinder mit und ohne Migrationshintergrund auf, das für sie "Fremde" kennenzulernen. Entstanden sind acht sehr persönliche Porträts von Menschen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld. Die Dokumentation nähert sich auch den Schülern. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten wird ihre Entwicklung und ihr Verhältnis zu den Menschen jenseits des Gleimtunnels beobachtet.
In einer Pressemitteilung betont Torsten Löhn, dass er von einem Artikel im Tagesspiegel zu dem Projekt inspiriert wurde. Dieser handelt von der Projektförderung Kulturelle Bildung, für das Künstler gesucht wurden, die gemeinsam mit Schulen Integrationskonzepte entwickeln. Gemeinsam mit Grundschulkindern an einem Projekt mit diesem Thema zu arbeiten, lag für den Regisseur nahe, da diese noch offen und neugierig für das "Drüben" sind. Wie sehr sich gerade Kinder zur Keimzelle eines interkulturellen Zusammenlebens entwickeln können, verdeutlichen nicht zuletzt ihre Einstellungen. Es zeigen sich ebenso Ansätze zur Überwindung von Vorurteilen, wie die Bereitschaft, sich mit den Gleichaltrigen der "anderen Seite" zu befreunden. Natürlich finden sich auch bei ihnen Vorbehalte gegenüber vielem, was vom Vertrauten abweicht. In solchen Momenten verdeutlicht der Film, dass Integration ein langwieriger Prozess ist.

"Am Gleimtunnel" ist ein Beispiel für die mögliche Eingliederung von Migranten. Kinder werden hier ernstgenommen. Sie lernen, dass trotz kultureller und ethnischer Unterschiede keine qualitativen Unterschiede zwischen den Menschen bestehen. Das verleiht Selbstvertrauen und schärft das Bewusstsein für die eigene Identität. Die begeisterte Teilnahme der Schüler an dem Projekt, ihre Bereitschaft, sich mit anderen Kindern auseinanderzusetzen, macht die interessante Dokumentation aus. Die Schüler übernahmen nach kurzer Einweisung in die Technik die Verantwortung für das Projekt. Das merkt man dem unfertigen und amateurhaften Erscheinungsbild der Dokumentation an, doch dieser Anfängergeist des Endprodukts gehört zu dem Konzept von Torsten Löhn.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
2024