Sie haben Knut

Sie haben Knut

Originaltitel
Sie haben Knut
Regie
Stefan Krohmer
Darsteller
Markus Sieber, Anneke Kim Sarnau, Ingo Haeb, Daniel Nocke, Jimi Lee King, Stephan Hornung
Kinostart:
Deutschland, am 30.10.2003 bei Alamode Filmdistribution
Genre
Drama
Land
Deutschland, Österreich
Jahr
2003
Länge
107 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
5,0 (Filmreporter)
9,0 (1 User)
Eigentlich will Ingo (Hans-Jochen Wagner) mit seiner Freundin Nadja (Valerie Koch) ein paar einsame Tage auf der Skihütte ihrer Eltern in der Wildschönau verbringen, mit ihr über ihre Beziehung reden und die Probleme kitten. Die beiden führen eine sogenannte offene Beziehung, der Ingo nun, des Sex in fremden Betten überdrüssig, ein Ende setzen will. Doch dann schneien ein paar Freunde von Nadjas Bruder Knut (Ingo Haeb) herein, der sie zum Skiurlaub eingeladen hat - was Ingo überhaupt nicht passt. Nur der politisch engagierte Knut selbst fehlt. Als die Nachricht die Runde macht, dass er bei einer seiner Protestaktionen - wir befinden uns in den 80er Jahren - verhaftet wurde, schwanken die Bedürfnisse der Gruppe zwischen Verzweiflung, Urlaubs-Feeling und Wolfgangs Wunsch, ein politisches Zeichen gegen Knuts Verhaftung zu setzen.
Stefan Krohmer siedelt seinen streckenweise fast dokumentarischen Film in einer einsamen Tiroler Skihütte an und zeigt die unterschiedlichen Befindlichkeiten der frühen 80er Jahre auf: Während einige Figuren noch im Alt-68er-Denken des ewigen Diskurses verfallen sind, gehen sie anderen damit gewaltig auf die Nerven. "Sie haben Knut" zeichnet sich vor allem durch die Fähigkeit aus, Stimmungsschwankungen genau zu beobachten und den zunächst unsympathisch gezeichneten Ingo im Laufe der Handlung doch noch zur Identifikationsfigur zu erheben. Das kann allerdings die Schwächen kaum überdecken: Durch die große Anzahl an Figuren bleibt Krohmers Ensemblestück unübersichtlich. Mehrere von Knuts Freunden werden uns anfangs ansatzweise vorgestellt, verschwinden dann bald wieder in der Versenkung - bezeichnenderweise konzentriert sich der Film im letzten Drittel fast nur noch auf einige wenige Charaktere.

Schade eigentlich, denn Drehbuchautor Daniel Nocke ist es gelungen, authentische Figuren zu zeichnen, die man in den 80er Jahren so oder ähnlich wahrscheinlich überall treffen konnte. Entsprechend unglamourös kommt der Film auch daher, was einerseits erfrischend ist. Andererseits verleihen die teilweise gewöhnungsbedürftig peinlichen Dialoge und die urlaubsfilmartigen Ski-Szenen diesem insgesamt beachtlichen Kino-Erstling einen Hauch von Biederkeit und Schweißgeruch.
Frank Geissler, Filmreporter.de
2024