Szene aus Jackass: The Movie
Johnny Knoxville, Jeff Tremaine und Bam Margera zu: 'Jackass'
Interview: Abartiger Blödsinn ohne Sinn und Verstand?
Als "Jackass" zum ersten Mal auf MTV ausgestrahlt wurde, trauten Medienwächter und Vertreter des guten Geschmacks ihren Augen nicht: Die Aneinanderreihung von hirnrissigen Stunts, abartigen Gags und gefährlichen Selbstversuchen spottete jeglicher Beschreibung. Dabei verfolgen Johnny Knoxville und seine Kumpanen ein recht einfaches Konzept: gefährlich-abartiger Blödsinn ohne Rücksicht auf Verluste. Wer sonst kämpft freiwillig mit Braunbären, springt von hohen Brücken oder prügelt sich im Weihnachtsmannkostüm auf offener Straße? Nun kommt "Jackass: The Movie" auch in unsere Kinos. In den USA - das ist sicher keine Überraschung - spielte der Film bereits am Startwochenende das Vierfache der Produktionskosten ein.
erschienen am 1. 03. 2003
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Johnny, Bam, Jeff, was ist schlimmer für euch: Ein schmerzhafter Jackass-Dreh oder eine anstrengende Promotiontour durch Europa?

Johnny Knoxville: "Jackass" hat immer großen Spaß gemacht. Leider haben wir schon vor über einem Jahr die letzte Folge abgedreht. Interviews dagegen sind nicht so einfach. Vor allem, wenn man sich am Abend vorher so richtig die Kante gegeben hat (lacht).

Ricore: Bedauert ihr das Ende von "Jackass"?

Knoxville: Ich bin wirklich traurig, dass es vorbei ist. Zusammen mit deinen Freunden um die Welt reisen, Blödsinn machen und dafür auch noch gut bezahlt werden - etwas Besseres gibt es doch eigentlich nicht!

Ricore: Warum habt ihr dann vor über einem Jahr den Schlussstrich gezogen?

Knoxville: Es war an der Zeit, aufzuhören.

Jeff Tremaine: Die US-Regierung hat MTV wurde wegen unserer Show enorm unter Druck gesetzt. Ständig kamen neue Einschränkungen. Gerade das war nicht Sinn und Zweck von "Jackass".

Bam Margera: Der Kinofilm gab uns die Möglichkeit, noch einmal richtig auf die Pauke zu hauen und all das zu machen, was im Fernsehen undenkbar gewesen wäre. Für uns war der Film der perfekte Schlusspunkt für "Jackass" - auf dem Höhepunkt der Karriere.
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Könnt ihr eure Kritiker denn wenigstens verstehen?

Knoxville: Unsere Arbeit wird sehr kontrovers aufgefasst. Das kann ich gut verstehen. Entweder findest du unsere Stunts geil, oder du hasst sie. Ein Zwischending gibt es eigentlich nicht.

Ricore: Habt ihr eigentlich mit dem riesigen Erfolg von "Jackass" gerechnet?

Margera: Niemals. Eigentlich wollten wir nur selber Spaß haben. Irgendwann gefiel es plötzlich auch anderen Leuten, und auf einmal war "Jackass" berühmt. Wir waren gar nicht darauf vorbereitet und wirklich verblüfft.

Ricore: Wie muss man sich so einen "Jackass"- Dreh vorstellen?

Knoxville: Er gliedert sich in zwei Blöcke. Um Ideen zu sammeln gehen wir zum Feiern und kommen dabei in total betrunkenem Zustand auf unsere Aktionen. Am nächsten Tag wird dann gedreht. In dieser Phase schlafen wir nur etwa drei Stunden täglich. So geht das etwa zehn Tage lang. Danach müssen wir alle entspannen. Alkohol und Stunts zehren ziemlich an der Gesundheit. Und ungefährlich ist es ja auch nicht.
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Vor etwa einem Jahr gab es in Deutschland sogar die Meldung, Johnny Knoxville wäre beim Dreh zu "Jackass - The Movie" tödlich verunglückt!

Knoxville: Ich habe davon gehört. Ich bin fast sicher, dass sich diesen Scheiß irgendeine Publicity-Firma ausgedacht hat, um Werbung für den Film zu machen.

Ricore: In einem deutschen Magazin war auch kürzlich zu lesen, dass es nur deshalb zu "Jackass" kam, weil du als Schauspieler keinen Erfolg hattest!

Knoxville: Wieder so eine Sache, die einfach nicht stimmt. Wir wollten unseren Spaß haben, eine andere Motivation gab es nicht.

Margera: Es ist schon so, dass du als unbekannter Schauspieler keinerlei Chancen auf ein Engagement hast. Ich habe mein Glück bei Castings in New York versucht und wurde immer wieder abgelehnt, weil ich keine Filmographie aufweisen konnte. Irgendwann hatte ich genug von diesen Leuten und beschloss, einfach meine eigenen Videos zu drehen. Man darf sich eben nicht unterkriegen lassen. "Jackass" hat uns alle Türen geöffnet.

Ricore: Wie kam es überhaupt zu "Jackass"?

Knoxville: Bam drehte Skateboardvideos an der Ostküste, Jeff war Redakteur bei einer Skateboard-Zeitschrift. Irgendwann schrieb ich an einem Artikel über Selbstverteidigungswaffen, und Jeff kam auf die Idee, ein Video zu drehen, wie ich diese Ausrüstung an mir selber ausprobiere. Diese Tests kombinierten wir mit Bams Skateboardvideos. Das war die Geburtsstunde von "Jackass". Nach und nach kamen "Gleichgesinnte" dazu, MTV war begeistert von dem Konzept und gab uns einen Sendeplatz.
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: "Gleichgesinnte" wie Steve O., der sein Geld auch außerhalb von "Jackass" mit abartigen Videos verdient? Er tackerte sich seine Hoden an die Oberschenkel!?

Knoxville: (lacht) Du hast das "Carreer Ender"-Video gesehen? (lacht)

Margera: Steve O. ist der Meinung, dass er nicht besonders alt wird und handelt genau danach. Ihm ist alles egal.

Tremaine: Im Kinofilm steche ich ihm ein Tattoo auf seinen Oberarm - während wir in einem Jeep über eine Buckelpiste fahren. Ich fand das als passiv Beteiligter schon ziemlich heftig, aber er wollte es so. Sein Blut spritzte überall hin. Ricore: Ist da ein gewisser Hang zum Masochismus zu erkennen?

Knoxville: Wir sind definitiv keine Masochisten. Wir lieben es nur, Blödsinn zu machen. Wie das abgeht - das ist eben unsere ganz besondere Art von Humor.

Ricore: Dennoch sind Fälle bekannt, bei denen euer "Humor" von jungen Fans imitiert wurde und zu ernsthaften Verletzungen geführt hat...

Margera: Diese Vorfälle bedauern wir sehr, fühlen uns aber nicht verantwortlich. Wir können nichts dafür, wenn Jugendliche zur Kamera greifen und gefährliche Dinge ohne jegliche Vorbereitung nachmachen.

Tremaine: Vor jeder unserer Show warnen wir ausdrücklich davor, auch nur kleine Teile unseres Programms nachzuahmen. Wenn uns Fans Videos mit selbst gedrehtem Material zusenden, schicken wir sie ungeöffnet zurück. Wir haben uns noch nie auch nur ein einziges Band angeschaut. Mehr können wir nicht tun.
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Johnny, du hast eine siebenjährige Tochter. Was wirst du ihr sagen, wenn Sie dich eines Tages nach deinem Beruf fragt?

Knoxville: (lacht) Um dem vorzubeugen, habe ich ihr einige harmlose Ausschnitte von "Jackass" gezeigt. Aber nichts, was ekelhaft, schmerzhaft oder schlimm gewesen wäre. Eher die Szenen, in denen wir verkleidet durch die Straßen laufen. Aber ich weiß genau, dass der Tag kommen wird, an dem sie sich alles unzensiert ansehen wird. Aber das dauert noch eine Weile (lacht).

Ricore: Wie denken eure Familien und Freunde über "Jackass"?

Margera: Meine Eltern vertrauen mir und unterstützen mich, wo sie nur können. Das sieht man daran, dass sie schon sehr oft bei "Jackass" mitgemacht haben und für jeden Spaß zu haben sind.

Knoxville: Meine Frau ist schon froh, dass endlich Schluss ist mit dieser Show. Sie hatte immer ziemliche Angst um mich. Irgendwann beschloss ich, ihr einfach nicht mehr zu erzählen, was für Blödsinn wir als Nächstes drehen wollten. Es hätte ihre Angst nur noch verschlimmert. Das Thema "Jackass" war bei uns schlicht und einfach tabu.

Ricore: Habt Ihr euch jemals geweigert, einen bestimmten Stunt zu machen?

Knoxville: Ich schon. Ich weigerte mich zum Beispiel, mir ein kleines Spielzeugauto in den After einzuführen. Aber das hat Ryan Dunn ja schließlich übernommen. Wir hatten auch eine ziemlich komische Idee, die wir aber letztlich ganz verworfen haben. Das Konzept war, seinen Penis durch ein Loch in der Wand zu stecken, hinter der sich irgendwelche Dinge befanden, von denen derjenige, der gerade an der Reihe war, nicht den blassesten Schimmer hatte (lacht).

Margera: (lacht) Zum Beispiel Hunde oder Enten... (großes Gelächter)
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Was ist die größte Fehleinschätzung in der Öffentlichkeit über euch? <

Knoxville: Dass Bam heterosexuell ist...(lacht)

Margera: Viele denken, dass ich meine Eltern wie bei "Jackass" ständig tyrannisiere und wir uns überhaupt nicht ausstehen können. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wir verstehen uns einfach wahnsinnig gut und lieben es, uns gegenseitig Streiche zu spielen.

Knoxville: Mein Vater hat übrigens früher auch sehr viel Blödsinn gemacht. Eigentlich imitiere ich bei "Jackass" nur sein Verhalten. Meinen Eltern gefällt die Show. Sie rennen sogar mit "Jackass"-T-Shirts durch die Stadt.

Ricore: Was kommt nach "Jackass"?

Margera: Ich bin Skateboardprofi und werde weiterhin Stunts machen. Außerdem bekomme ich eine neue Show auf MTV. So etwas Ähnliches wie "Die Osbournes". Der einzige Unterschied ist, dass es in meinem Haus wesentlich verrückter zugeht als bei Ozzy und seiner Familie.

Knoxville: Ich arbeite weiter an meiner Schauspielerkarriere und drehe einen Film mit Donald Sutherland.

Tremaine: Ich konzipiere gerade eine neue TV-Serie mit den ehemaligen Jackass-Mitgliedern Chris Pontius und Steve O. Ich möchte einfach weiter als Regisseur arbeiten und noch mehr Geld verdienen...

Margera: ...und noch mehr Autos kaufen (lacht)!
Szene aus: Jackass: The Movie
Ricore: Noch mehr? Was für Autos habt ihr denn?

Margera: Ich habe insgesamt vier. Unter anderem einen Hummer-Jeep und einen Audi S4.

Knoxville: Ich fahre einen alten Cadillac Eldorado.

Ricore: Also hat "Jackass" euch reich gemacht?

Knoxville: Im Vergleich zu meiner Zeit vor "Jackass" geht es mir finanziell sehr gut. Richtig reich sind wir damit nicht geworden. Die Frage ist, ab welcher Summe Reichtum wirklich anfängt. Aber es ging uns ja primär um den Spaß an der Sache - und den hatten wir wirklich!
erschienen am 1. März 2003
Zum Thema
MTV goes Cinema: Johnny Knoxville umstrittene Show ist gleichermaßen TV-Kult und mit vielen Emotionen abgelehnter Trash. Zusammen mit seiner "Daredevil-Stunt-Crew" durchleben die harten Jungs gefährliche, eklige, selbstverstümmelnde und absolute bescheuerte Stunts. Jetzt soll der Erfolg auch auf der Leinwand wiederholt werden.
2024