Ricore Text (Bild: Peter Gaal)
Dominik Moll
Domink Moll lässt sich gerne Zeit
Interview: Kreativität ist das A und O
Dominik Moll ist ein noch unbekannter französischer Filmemacher mit deutschen Wurzeln. Mit "Harry meint es gut mit dir" und "Lemming" hat er Publikum und Kritiker in Cannes begeistert. Doch trotz des Erfolgs bleibt der Regisseur bodenständig, ist an Hollywood nicht interessiert. Regieaufträge reizen ihn wenig. Dominik Moll schreibt lieber seine eigenen Drehbücher und nimmt sich die Zeit und die kreativen Freiheiten, die er braucht. Der Erfolg gibt ihm Recht.
erschienen am 10. 07. 2006
Ricore Text (Bild: Peter Gaal)
Dominik Moll hat kein Interesse an Hollywood.
Ricore: Sie waren zweimal in Cannes. Was bedeuten die Einladungen für Ihre Karriere?

Dominik Moll: Bei "Harry meint es gut mit dir" eine ganz ausschlaggebende, weil ich vorher mit meinem Film, der in den Kinos nicht gut lief, überhaupt nicht bekannt war. Dadurch, dass "Harry" in Cannes erfolgreich war, war der Film auch in Frankreich ein Publikumserfolg. Es gibt einem Selbstvertrauen weil man immer an sich zweifelt. Davor habe ich mich nicht getraut zu sagen, dass ich Regisseur bin. Danach konnte ich das mit mehr Selbstbewusstsein sagen. Die Finanzierung meines nächsten Projektes war natürlich auch leichter. Cannes ist ein super Schaufenster für Filme.

Ricore: Warum sind fünf Jahre zwischen "Harry" und "Lemming" vergangen? Dauert der kreative Prozess bei Ihnen so lange?

Moll: Das spielt eine Rolle. Zuerst musste ich mich vom Erfolg von "Harry" erholen (lacht) und wenn ein Film Erfolg hat, verbringt man fast ein Jahr mit Promotion und reist im Ausland herum und zu Festivals. Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Bei meiner Arbeitsmethode ist es so, dass ich Zeit brauche bis eine Idee heranreift. Bei der Drehbucharbeit geht es genau so. Ich schreibe und überarbeite mehrere Fassungen, bis ich mit dem Endergebnis zufrieden bin.

Ricore: Wie viele Fassungen haben Sie für "Lemming" geschrieben?

Moll: Das Drehbuch hat sich über drei Jahre hingezogen. Es gab drei Fassungen, die aber in unterschiedliche Richtungen gegangen sind.

Ricore: Inwiefern hat Sir Alfred Hitchcock Ihre Arbeit beeinflusst?

Moll: Hitchcock hat mich in meinem Werdegang als Filmemacher stark beeinflusst. Da habe ich richtig gemerkt, dass es im Film um praktische und nicht nur philosophische und theoretische Dinge geht. Was eine Kamerafahrt oder eine Großeinstellung ausdrücken kann. In seinen Filmen gefällt mir die Mischung zwischen Spannung und Humor und wie er mit einer klaren Bildsprache Untergründiges zeigen kann, wo es um das Unterbewusstsein geht. Das ist eine Kombination, die mich anspricht.

Ricore: Wo fühlen Sie sich am wohlsten? Deutschland, Frankreich oder USA?

Moll: Am wohlsten fühle ich mich in Frankreich, weil ich dort seit 20 Jahren lebe und arbeite und dort auch meinen Beruf ausübe. Ich empfinde mich als einen französischen Filmemacher.
Ricore Text (Bild: Peter Gaal)
Alfred Hitchcock ist Dominik Molls Vorbild.
Ricore: Können Sie sich vorstellen einen deutschen Film zu drehen?

Moll: Das würde mich auch reizen, falls sich die Gelegenheit ergibt.

Ricore: Auch mit deutschen Schauspielern?

Moll: Ja, natürlich. Einer der Gründe warum es mich reizen würde, sind die deutschen Schauspieler, die ich gut und interessant finde.

Ricore: Was macht für Sie den französischen Film aus?

Moll: Das kann ich nicht genau sagen. Er gibt ein breites Spektrum an Filmen von den großen Komödien bis zu den ernsten Filmen. Einen gemeinsamen Nenner zu finden, außer der Sprache (lacht), finde ich schwierig.

Ricore: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einem "Lemming" eine zentrale Rolle zu geben?

Moll: Was mich an dem "Lemming" speziell interessiert hat, ist dass sein Verhalten nicht ganz geklärt ist, auch wenn die Selbstmordtheorie widerlegt wurde. Die Massenwanderungen sind noch ungeklärt. Im Bezug zur Geschichte hat mich interessiert wie Alain (Laurent Lucas) ein rationaler Mann, durch das Tier die Kontrolle verliert und sich mit irrationalen Dingen auseinandersetzten muss.

Ricore: Sind Sie ein Kontrollmensch?

Moll: Ich fühle mich Alain ziemlich seelenverwandt. In meiner Arbeit versuche ich so viel wie möglich zu kontrollieren und ich könnte nicht mit Improvisation arbeiten. Ich muss alles planen und vorbereiten. In der Hinsicht funktioniere ich auf ähnliche Weise.
erschienen am 10. Juli 2006
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