Paramount Pictures
My Fair Lady
Nach der Bühne erobert "Pygmalion"-Motiv die Leinwand
Feature: Englischlernen im Kino
Mit Originalversionen von Filmen verbessern Millionen weltweit ihre Sprachkenntnisse. George Bernard Shaw thematisiert das in seinem Theaterstück "Pygmalion". Das Motiv liegt auch dem Musical "My Fair Lady" zugrunde. Wie ist das Zusammenspiel aus Aussprache & Slang, zwischen Wortwahl & Herkunft? Zum Unterricht in Benimm und Etiketten gehört in dem mittlerweile klassischen Stoff auch der Unterricht in der Sprache der gebildeten Oberschicht.
erschienen am 20. 10. 2023
Warner Home Video
My fair Lady
Es grünt so grün
"Mein Gott, jetzt hat sie's, mein Gott, jetzt hat sie's" ruft Professor Henry Higgins (Rex Harrison) in der opulenten Adaption des Musicals "My Fair Lady" durch George Cukor aus, wenn Eliza Doolittle (Audrey Hepburn) korrekt "Es grünt so grün, wenn die Blüten erblühn" spricht und singt.

Der Unterricht in der Sprache der britischen High Society gehört zur Verwandlung des armen Blumenmädchens aus der Arbeiterklasse in die umschwärmte Heiratskandidatin von Adel und Bourgeoisie. Der Professor wettet mit seinen Freunden, dass es ihm gelinge, aus dem einfachen Mädchen eine vorzeigbare Dame zu machen. Dazu gehört natürlich auch, dass sich sie ihre englische Aussprache verbessern kann und sie ihren verräterischen Gossenslang ablegt.
Walt Disney
Pretty Woman
Wurzeln in der griechischen Antike
Aus der Filmgeschichte ist das Motiv seither nicht mehr wegzudenken - in Großbritannien, aber auch in Frankreich und Deutschland. Es geht zurück auf die griechische Sage von Pygmalion und der Statue. In ihr verliebt sich Pygmalion, König von Zypern, in eine elfenbeinerne Statue der Aphrodite. Sie ist die perfekte Frau und so hat er Geschlechtsverkehr mit ihr. Später variieren Jean-Jacques Rousseau, Johann Wolfgang von Goethe und Gottfried Keller die Saga für ihre Zeit. Seine heutige Bekanntschaft verdankt der Stoff vor allem dem Briten George Bernard Shaw, dessen Stück "Pygmalion" 1913 in Wien uraufgeführt wird und weltweit Theaterzuschauer und Leser begeistert.

Eine der ersten Filmversionen entsteht 1935 in Deutschland. Jenny Jugo und Gustav Gründgens stehen für Erich Engel in "Pygmalion" als ungleiches Paar vor der Kamera. Großbritannien zieht drei Jahre später nach. In der Version von Anthony Asquith und Leslie Howard ("Der Roman eines Blumenmädchens") spielten Wendy Hiller und Leslie Howard das Blumenmädchen und den Lehrer. Bei der Oscar-Verleihung gibt es dafür den begehrten Goldjungen für die Drehbuchautoren George Bernard Shaw, W.P. Lipscomb, Cecil Lewis und Ian Dalrymple.
Constantin Film
Nilam Farooq ("Contra", 2020)
Der Siegeszug eines Musicals
Frederic Loewe schreibt die Lieder des Musicals nach "Pygmalion", sie sind alle längst Evergreens. Regisseur George Cukor verlässt sich bei der Verfilmung auf den Charme der britischen Leinwandikone Rex Harrison, der den Part seit knapp sieben Jahren am Broadway singt, und die bezaubernde Audrey Hepburn, der alle Herzen zufliegen. Das Studio setzt sie gegen die damals noch unbekannte Julie Andrews durch, die auf der Bühne neben Harrison steht. "My Fair Lady" wird mit einem Budget von 17 Millionen US-Dollar in den Warner Bros. Studios im kalifornischen Burbank gedreht. An den Kinokassen spielt er 72 Millionen Dollar ein. Außerdem räumt das Musical acht Oscars ab - nur Hepburn geht schon bei den Nominierungen leer aus - seltsam...

In den folgenden Jahrzehnten wird das Motiv angepasst. Etwa in "Pretty Woman" - in der romantischen Komödie verwandelt der Multimillionär (Richard Gere) die Prostituierte (Julia Roberts) in eine Vorzeigefrau an seiner Seite, die bei seinen Freunden Eindruck macht. Die Wette fehlt, aber wie im Originalstoff lässt der Pferdesport das Mädchen aus einfachen Verhältnissen alle erlernten Benimmregeln vergessen und zerstört ihre Tarnung.
SquareOne Entertainment/Universum Film
Camélia Jordana lernt bei Daniel Auteuil in "Die brillante Mademoiselle Neïla" (Le brio, 2017)
Sprache macht Leute
In "Die brillante Mademoiselle Neïla" zeigt Yvan Attal 2017 die Bedeutung der Sprache für das Ansehen und Auftreten eines Menschen. Neïla Salah (Camélia Jordana) kommt bereits zur ersten Vorlesung ihres heiß erträumten Jurastudiums zu spät, was der bornierte Professor Pierre Mazard (Daniel Auteuil) zu rassistischen Worten über ihre Herkunft provoziert. Von der Unileitung wird er für seine Sprüche verdonnert, Neïla auf den Debattierwettbewerb der Unis vorzubereiten. Neben der Kunst der Diskussion und der Wahl der richtigen Worte stehen auch Haltung, Auftreten und Kleidung auf dem inoffiziellen Lehrplan.

Mit "Contra" inszeniert Sönke Wortmann 2020 das deutsche Remake des französischen Kinohits. Christoph Maria Herbst kann als Prof. Richard Pohl seine schauspielerischen Qualitäten ausspielen, wenn er mit spitzer Zunge kritisiert und widerstrebend mit Neïla (Nilam Farooq) an deren rhetorischen Fähigkeiten arbeitet. Sie lässt sich seine anzüglichen Bemerkungen nicht lange bieten und diskutiert bald mit ihm auf Augenhöhe. Aber auch sie wandelt sich - statt zerschlissener Jeans trägt sie bald Hosenanzug und Kostüm. Kleider machen eben neben der Sprache Leute. Doch davon schreiben wir in einem anderen Feature.
erschienen am 20. Oktober 2023
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Pretty Woman (Kinofilm)
Moderne Cinderella-Story mit Traumpaar Julia Roberts und Richard Gere in den Hauptrollen. Edelprostituierte Vivian schafft in Beverly Hills an. Eines Abends trifft sie den reichen aber einsamen Geschäftsmann Edward. Dieser nimmt sie mit in sein Hotelzimmer. Vivian soll eine Woche lang seine Begleiterin sein. Doch dafür muss sie sich Ladylike benehmen lernen. Von einigen haarsträubenden Ausrutschern mal abgesehen, meistert Vivian ihren Ausflug in die High-Society souverän. Und nach einer Woche..
My Fair Lady (Kinofilm)
Das arme Blumenmädchen Eliza Doolittle (Audrey Hepburn) setzt ihre ganzen Hoffungen in Linguist Professor Higgins (Rex Harrison). Der Sprachwissenschaftler soll ihr beibringen, wie man sich in der feinen Gesellschaft ausdrückt und benimmt. Mit dieser Hilfe will sie sich den Traum vom eigenen Blumenladen erfüllen. Eliza zieht in das Haus von Henry Higgins und unterzieht sich den langwierigen Sprachübungen. Doch es kommt anders als alle Beteiligten es sich gedacht haben. Das beliebte Musical..
Fünf Minuten geben dem Leben von Jura-Professor Pierre Mazard (Daniel Auteuil) und der algerischstämmigen Studentin Neila (Camélia Jordana) eine neue Richtung. Der angesehene Jurist der Universität von Paris weist die zu spät kommende Studentin gleich am ersten Tag mit sehr rüden Worten auf ihr Vergehen hin, was nicht politisch korrekt ist. Französische Komödien lieben die Thematisierung des Culture-Clashs, so macht es auch Schauspieler und Regisseur Yvan Attal ("Happy End mit Hindernissen")..
Contra (Kinofilm)
In unserem Kulturkreis gelte es, pünktlich zu erscheinen, maßregelt Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) Jura-Studentin Naima Hamid (Nilam Farooq). Auf ihre Entschuldigung entspinnt sich ein Dialog über das rhetorisch richtige Bitten um Entschuldigung. "Contra" spießt den latenten Rassismus der deutschen Wohlstandsbürger auf, die sich eher widerwillig mit der Migration arrangieren.
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