Walt Disney
Drehbuchautor Richard Curtis auf der New Yorker Premiere von "Gefährten"
Keine Sentimentalitäten, bitte!
Interview: Richard Curtis' Zeitreise
"Bridget Jones"-Regisseur Richard Curtis hat einen charmanten Film inszeniert. "Alles eine Frage der Zeit" ist eine romantische Komödie mit nicht ganz existentiellen Zeitreisen. Dabei gelingt dem Regisseur und Drehbuchautor das Kunststück, das Zeitreise-Motiv nicht in einen Science-Fiction und die Romantik nicht in Sentimentalität ausarten zu lassen. Entstanden ist ein Feel-Good-Movie der besseren Sorte. Im Interview mit Filmreporter.de spricht Curtis über seine liebsten Zeitreise-Filme, Inspirationsquellen und die Ponyfrisur von Rachel McAdams.
erschienen am 21. 10. 2013
Universal Pictures
Alles eine Frage der Zeit
Wie sieht ein perfekter Tag aus?
Ricore: Was hat Sie zu "Alles eine Frage der Zeit" inspiriert?

Richard Curtis: Ich habe mich mit meinem Freund Simon darüber unterhalten, wie ein perfekter Tag aussehen müsste. Wir waren uns einig, dass es nichts wäre, wie ein Privatjet zu besitzen, mit Kate Moss auszugehen und einen Oscar zu gewinnen. Für uns wäre ein perfekter Tag das, was wir auch an einem normalen Tag tun würden. Ich fragte mich, wie ich darüber einen Film machen könnte.

Ricore: Wie sind Sie auf diese Variante der Zeitreise gekommen?

Curtis: Ich wollte es einfach halten. Ich wollte nicht, dass es ein Science-Fiction-Ding wird.

Ricore: Es erinnert an Alfred Hitchcocks MacGuffin-Technik. Haben Sie beim Schreiben daran gedacht?

Curtis: Ja, genauso ist es. Ich hatte eine Firma für Spezial-Effekte engagiert und sagte ihnen, wie wir den Film schneiden werden. Dabei versuchten wir sieben verschiedene Dinge, indem wir zum Beispiel die Vergangenheitsepisoden verfremden oder bestimmte Sachen aus dem Film herausnehmen. Am Ende haben wir alles verworfen und entschieden uns für aktuelle Version.

Ricore: Warum sind Zeitreisen in Film und Literatur so populär?

Curtis: Die Menschen finden den Gedanken einfach toll, zu verschiedenen Orten und Zeiten reisen zu können, um Dinge zu verändern oder sehen zu können. Ich persönlich halte davon nichts. Wenn ich an meine Jugend zurückdenke und daran, wie mir das Herz gebrochen wurde, würde ich das nicht ändern wollen. Dank dieses Mädchens habe ich mit dem Schreiben angefangen.

Ricore: Apropos Schreiben: Wie gehen Sie gewöhnlich an ein neues Projekt heran?

Curtis: Jeder Film ist anders. Bei "Alles eine Frage der Zeit" habe ich mit dem Ende angefangen und bin von da aus direkt zum Anfang gegangen. Dann habe ich mit der Stimmung des Hauses und zwei Tagen der Handlung weitergemacht. Anschließend habe ich mich mit der Familie beschäftigt. Zum Schluss habe ich alles zusammengesetzt.
Universal Pictures
Richard Curtis und Rachel McAdams am Set von "Alles eine Frage der Zeit"
Richard Curtis: keine Gewaltorgien von Quentin Tarantino mehr...
Ricore: Mögen Sie es, wenn man Ihre Filme als Feel-Good-Movies bezeichnet?

Curtis: Ich habe nichts dagegen. Nur wenn man meine Filme als sentimental bezeichnet, habe ich etwas dagegen. Wenn es den Menschen nach dem Schauen von Filmen besser geht, ist das doch gut.

Ricore: Schauen Sie gerne Gewaltorgien wie die von Quentin Tarantino an?

Curtis: Inzwischen habe ich damit komplett aufgehört. Ich liebe seine Filme, aber "Django Unchained" habe ich nicht gesehen. Ich habe eine Entscheidung getroffen: mein Leben war in den letzten Jahren sehr kompliziert und traurig. Deshalb will ich nicht, dass mir unschöne Sachen widerfahren, wenn ich nur gute Unterhaltung suche.

Ricore: Schauen Sie sich dann überhaupt noch Nachrichten an?

Curtis: Wenn ich mir Nachrichten anschaue, denke ich darüber nach, wie man die dort gezeigten Probleme lösen könnte. Sie sind ja wirklich geschehen und können deshalb behoben werden. Beim Film ist das anders.

Ricore: Wie schwer ist es, einen Feel-Good.Movie zu machen, der nicht zu sentimental ist?

Curtis: Das ist eine Frage des Stils. Ich denke dabei an meinen Lieblingsmaler Marc Chagall. Ich frage mich, warum malt er seine Bilder mit diesem einen Stil und nicht anders.

Ricore: In "Alles eine Frage der Zeit" scheint immer dann, wenn es zu sentimental wird, eine lustige Szene zu kommen.

Curtis: Ja, das hilft. Ich habe einmal den amerikanischen Komiker Chris Rock getroffen, der mich zu den Witzen in meinen Filmen beglückwünschte. Das ist ein Teil dessen, was man braucht, um zu viel Sentimentalität zu vermeiden.
Universal Pictures International (UPI)
Bill Nighy und Regisseur Richard Curtis auf der Premiere von "Radio Rock Revolution" in Berlin
Ich habe viel Zärtlichkeit erfahren
Ricore: Der Film ist sehr zärtlich. Wie entwickeln Sie diese Zärtlichkeit?

Curtis: Ich habe in meinem Leben viel Zärtlichkeit erfahren. Deswegen weiß ich, wie so etwas aussieht. Das schlägt sich auch in der Besetzung nieder. Rachel McAdams zum Beispiel ist sehr grazil und sanft. Das sind einfach Eigenschaften, die ich mag.

Ricore: Was ist Ihr Lieblings-Zeitreisefilm?

Curtis: "Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit". Ein sehr lustiger Film. Außerdem mag ich noch "Ist das Leben nicht schön?" Und natürlich "Und täglich grüßt das Murmeltier". Der Film ist ein Meisterwerk.

Ricore: Waren Sie bisher immer damit zufrieden, wie andere Regisseure Ihre Texte umgesetzt haben?

Curtis: Ja, in der Regel schon. Aber es war ein heftiger Prozess, weil ich immer dabei war. Das war nicht angenehm für sie. Das war einer der Gründe, wieso ich angefangen habe, selbst die Regie zu übernehmen. Sonst hätte mich ein Regisseur eines Tages umgebracht (lacht).

Ricore: Wie haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckt?

Curtis: Die Leidenschaft fing mit Witzen an. Ich schreibe gern witzige Sachen für die Bühne. Dann fing ich an, für Rowan Atkinson zu schreiben. Er ist ein Genie und es war großartig, mit ihm zu arbeiten. Ich wusste, dass er aus meinen Sachen, etwas Brillantes machen würde. Außerdem war ich früher ein großer Fan von Woody Allen. Seine und andere Filme wie "Gregory's Girl", "American Diner" oder "Vier irre Typen" haben mich sehr inspiriert. Sie waren meine besten Dates. Sie boten in zwei Stunden unglaublichen Sex (lacht). Das Lesen dagegen hat mich nicht beeinflusst. Ich lese nicht gern und habe auch nie ein Buch geschrieben.

Ricore: Die Leute haben Probleme, ihre eigene Normalität zu genießen. Woran liegt das? Ist ein Kinosaal nicht der perfekte Ort, um seiner Normalität zu entfliehen?

Curtis: Ja und nein. Das Kino kann viel bewegen. "Alles eine Frage der Zeit" handelt davon, dass man sich umsehen und die Normalität um einen herum betrachten soll. Der Film soll die Menschen daran erinnern, wie gut ihr Leben eigentlich ist.

Ricore: Arbeiten Sie bereits am nächsten Projekt?

Curtis: Nein. Aber derzeit wird ein Film in Rio de Janeiro gedreht, den ich geschrieben habe. Also reise ich immer wieder hin und zurück.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 21. Oktober 2013
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