StudioCanal Germany
Ekel (Repulsion, 1965)

Ekel

Originaltitel
Repulsion
Regie
Roman Polanski
Darsteller
Catherine Deneuve, Ian Hendry, John Fraser, Yvonne Furneaux, Patrick Wymark, Renee Houston
Kinostart:
Deutschland, am 07.07.1965 bei Jugendfilm-Verleih
Genre
Thriller, Horror
Land
Großbritannien
Jahr
1965
FSK
ab 0 Jahren
Länge
104 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
8,0 (1 User)
Verlust der Realität: Roman Polańskis Ekel
In Roman Polańskis "Ekel" schlüpft Catherine Deneuve in die Rolle der schüchternen, zurückgezogenen Carole Ledoux. Diese wohnt mit ihrer Schwester Hélène (Yvonne Furneaux) in einem Appartement in London. Als Hélène mit ihrem Freund Michael (Ian Hendry) für zwei Wochen nach Italien reist, zieht sich Carole noch stärker zurück und vereinsamt immer mehr. Durch diese Isolation verliert sie langsam aber sicher den Bezug zur Realität und kippt tiefer und tiefer. Sie leidet unter Wahnvorstellungen und bildet sich ein, dass unheimliche Männergestalten in ihrer Wohnung sind, Hände aus den Wänden kommen, nach ihr greifen und sich Risse über das ganze Mauerwerk ausbreiten. Verehrer Colin (John Fraser) macht sich große Sorgen. Obwohl Carol ein gestörtes Verhältnis zu Männern hat und seine Annäherungsversuche nie erwidert, lässt Colin nicht locker. Er dringt in ihre Wohnung ein, worauf die junge Frau den Sinn zur Realität völlig verliert und ausrastet...
Roman Polańskis Psycho-Thriller brilliert auch mit seiner mitreißenden Kameraführung und der packenden musikalischen Untermalung. Für seine außergewöhnlichen Filme wurde der Regisseur unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis 2006 in Warschau für sein Lebenswerk ausgezeichnet. "Ekel" ist der Anfang seiner 'Mieter-Trilogie', welche er mit "Rosemaries Baby" spektakulär fortsetzen und mit "Der Mieter" vollenden wird.

Der mentale Verfall ist das Thema, das "Ekel" dominiert. Polański lässt nicht nur seine Hauptfigur unter psychischen Qualen leiden, er stellt auch die Nerven des Zuschauers immer wieder auf die Probe. So wird Carole mehrfach von ihr Fremden vergewaltigt, die plötzlich in ihrer Wohnung stehen. Dabei sieht man die Schreie und die Verzweiflung der Protagonistin zwar, allerdings hört man diese nicht. In diesen Szenen ist nur das immer lauter werdende Ticken einer Uhr zu hören, wodurch das Publikum noch mehr gefesselt wird. Er nach und nach wird dem Zuschauer bewusst, dass die Gewaltakte nur in Caroles Kopf stattfinden.

Auch die Wirkung der Bilder ist imposant. So arbeitet Kameramann Gilbert Taylor viel mit Nahaufnahmen. Andererseits wird die Protagonistin bei ihren Spaziergängen durch die Stadt von hinten gefilmt, was dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, als würde man/er sie verfolgen. Das Publikum steht während des gesamten Filmes unter Spannung, welche durch die Musik und die packenden Kameraführung immer wieder aufgebaut beziehungsweise verstärkt wird.

Nicht weniger beachtlich ist die schauspielerische Leistung von Catherine Deneuve. So hegt man anfangs große Sympathien für die schüchterne, introvertierte Frau. Im Laufe des Filmes verwandelt sich die anfängliche Zuneigung durch Caroles Handlungen allerdings in blankes Entsetzen. Als wahnsinnige Psychopathin gelingt Deneuve der internationale Durchbruch. Gleiches gilt für Polański, der mit "Ekel" seinen ersten englischsprachigen Film abdreht. Dieser ist der Auftakt der 'Mieter-Trilogie', die er durch "Rosemaries Baby" im Jahr 1968 und 1976 mit "Der Mieter" vollendet wird. In allen drei Filmen ist eine Wohnung Schauplatz für eine Horrorgeschichte. Der Regisseur setzt bei seiner Inszenierung von "Ekel" auf Techniken des Film noir. Dieser zeichnet sich durch eine dunkle, pessimistische Weltansicht aus. Er bezieht sich zudem auf den deutschen Expressionismus, welcher sich zur Hochzeit der Stummfilme in den 1920ern entwickelt. Die vielen, oft minutenlangen stummen Passagen des Filmes tragen zur Aufrechterhaltung der Spannung bei. Außerdem arbeitet Polański viel mit Licht und Schatten und setzt Musik zwar sparsam aber umso packender ein, was ein durchgehendes Gefühl von Angst und Bedrückung erzeugt.

Auch eine Vielzahl von Symbolen sind geschickt eingesetzt. So befindet sich in Caroles Wohnung ein toter Hase, den ihre Schwester eigentlich zum Abendessen servieren wollte, bevor sie sich zu einem Restaurantbesuch mit ihrem Freund entschließt. Anstatt das Tier selbst zuzubereiten oder es wegzuwerfen, lässt Carol es langsam verwesen. Dieser Prozess verläuft parallel zu dem langsamen Abdriften in den Wahnsinn der Hauptdarstellerin. Die Risse an den Wänden und auf den Straßen stehen ebenfalls analog zu der Zerrissenheit der Protagonistin. "Ekel" lässt dem Zuschauer jede Menge Spielraum für Interpretationen und setzt auch individuellen Auslegungen keine Grenzen.

Auf den Filmfestspielen von Berlin des Jahres 1965 läuft Ekel im Offiziellen Wettbewerb. Polański wird mit dem Spezial-Preis der Jury mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet. Außerdem gewinnt er den FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung. Das Lexikon des internationalen Films beschreibt "Ekel" als 'handwerklich perfekten Psycho-Thriller, der mit Elementen der Horror-Dramaturgie arbeitet und dem Zuschauer seine eigene voyeuristische Perspektive vor Augen führt'.

Polański gehört zu einem der besten Filmemachern des Horror-Genres. Für "Rosemaries Baby" wird er 1969 für einen Oscar in der Kategorie 'Bestes adaptiertes Drehbuch' nominiert. Geprägt wurde er von Franz Kafka, Stanislaw Ignacy Witkiewicz und Witold Gombrowicz, deren Werke ebenfalls mit dem Unwirklichkeit und Abstraktion arbeiten. Auf bewältigende Art und Weise inszeniert Polański in "Ekel" den Weg der schüchternen Protagonistin in den Wahnsinn.
Marlene Griesmayer, Filmreporter.de
Roman Pola?skis Psycho-Thriller besticht mit seiner mitreißenden Kameraführung und der packenden musikalischen Untermalung.
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2024