Paramount Pictures
Scarlett Johansson
"Wir prügelten uns die Scheiße aus dem Leib"
Interview: Scarlett Johansson zu "Iron Man 2"
Für viele Zuschauer ist Scarlett Johansson eine Traumfrau. Im Kino spielt sie zudem immer wieder mal die Muße. In "Lost in Translation" gibt sie Bill Murray neuen Lebensmut und dient in "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" Colin Firth als Inspiration. Im wahren Leben hat Woody Allen sie zur Muße seines Schaffens auserkoren. Als Schwarze Witwe lockt die 25-Jährige in "Iron Man 2" Superheld Robert Downey Jr. in ihr Netz. Mit uns sprach die leichtgewichtige Johansson in Los Angeles über die Strapazen des Drehs und ihre Beziehung zu Gwyneth Paltrow. Zudem berichtet sie uns, wie sie den Regisseur verprügelt hat!
erschienen am 7. 05. 2010
Paramount Pictures
Scarlett Johansson auf der Premiere von "Iron Man 2" in Los Angeles
Ricore: Was tragen Sie gerade?

Scarlett Johansson: Maureen Murray.

Ricore: Wie war die Stimmung am Set?

Johansson: Es herrschte jeden Tag Chaos. Jon ist urkomisch, die Dynamik zwischen Robert Downey Jr. und ihm - jeder bringt seinen eigenen, trockenen, albernen oder perversen Sinn für Humor [lacht] mit ein und das ist einfach köstlich.

Ricore: Wie passen Sie in dieses Bild?

Johansson: Ich würde sagen, jeder hat eine eigene Art, die Dinge zu sehen und einen einzigartigen Humor. Ich schätze, ich bringe eine New Yorker Perspektive ins Spiel.

Ricore: Hat Sie einer Ihrer Kollegen überrascht?

Johansson: Ich hatte keine vorgefertigte Meinung zu irgendeinem von ihnen, von daher...

Ricore: Haben Sie davon geträumt, einmal eine Superheldin zu sein?

Johansson: Ich hatte nie wirklich vor, eine Superheldin zu spielen, da weibliche Superhelden bislang so oberflächlich und übertrieben sexy angelegt sind. Es ging gar nicht um deren Charakter. Doch bei diesem Projekt war der Charakter aufregend, zwiespältig und mysteriös und dazu noch kaltherzig [lacht]. All diese Dinge machten die Figur so vielschichtig. Jons Begeisterung und seine Art, den Charakter so dynamisch wie möglich zu gestalten, hat mich überzeugt. Aber es war nicht so, dass ich mir dachte: "Ich kann es kaum erwarten, erwachsen zu werden und eine Superheldin zu spielen." Nein, und das liegt bloß daran, dass ich bislang noch keine wirklich gelungene Superheldin im Kino gesehen habe.
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Scarlett Johansson
Ricore: Hat es Spaß gemacht, den Regisseur zu verprügeln?

Johansson: Das war lustig, weil wir gleich mit den Proben begannen, nachdem ich gecastet wurde. Denn die Szenen sind genau choreographiert und nehmen enorm viel Zeit in Anspruch. Daher legten Jon und ich gleich mit dem Boxen los. Es war ein toller erster Tag: Wir trafen uns, wärmten uns ein wenig im Fitnessstudio auf und prügelten uns dann im Ring die Scheiße aus dem Leib. Das war intensiv, besonders, weil mein Charakter verschiedene Kampfstile kann. Ich verbrachte viele Stunden am Boden und musste dabei hocken. Danach konnte ich drei Tage lang nicht gehen, das war übel. Wir mussten es danach etwas langsamer angehen lassen. [lacht] Wenn man das dauernd macht, wird es wohl immer einfacher. Aber es war toll, diese lustige Erfahrung zu teilen.

Ricore: War das Training eine große Belastung für Ihren Körper?

Johansson: Der Körper wird flexibler, je mehr man ihn dehnt. Dabei ist das der schlimmste Teil des Trainings. Es ist so schmerzhaft, aber am Schluss ist man flexibler als zuvor. Es geht darum, stärker und agiler zu werden.

Ricore: Sind Sie auch im realen Leben flexibel und können sich leicht an neue Situationen anpassen?

Johansson: Ich bin Schauspielerin, also hoffe ich doch mal, dass es so ist. [lacht]

Ricore: Muss Ihr Ehemann nun vorsichtig sein, was er sagt?

Johansson: Warum, weil ich gewalttätig werde? Höchstens gegenüber Fremden.

Ricore: Nun haben Sie sich ja an das Training gewöhnt. Würden Sie noch einen Action-Film drehen?

Johansson: Klar, wenn es ein intelligenter Film ist. Ich fände es großartig, den Charakter auch in anderen Projekten zu verkörpern, ob es nun in "The Avengers" oder einer anderen Weiterführung dieser Geschichte ist.
Concorde Filmverleih
Iron Man 2
Ricore: Ist denn an den Gerüchten um ein Spin-Off etwas dran?

Johansson: Ich denke, dass Marvel momentan mit "Captain America" und der Planung der "Avengers" ausgelastet ist. Auf diese Geschichten warten viele Fans. Wenn die Leute also den Charakter mögen und mehr von ihm sehen wollen, wird das Studio darüber nachdenken. Natürlich wäre ich begeistert mit von der Partie zu sein.

Ricore: Macht es Ihnen nach wie vor Spaß, sich glamourös anzuziehen?

Johansson: Ja, natürlich, schließlich bin ich eine Frau. Ich mag Klamotten, Mode und all das Zeug.

Ricore: Wie würden Sie Ihren Stil im alltäglichen Leben beschreiben?

Johansson: Ich weiß nicht. Ich denke, ich ziehe mich wie ein Mädchen aus New York an. [lacht]

Ricore: Interessierten Sie sich vor dem Film für Comics?

Johansson: Nicht wirklich, nein. Ich war nie ein großer Comic-Leser, obwohl ich bereits ein paar Comic-Verfilmungen gemacht habe. Ich las "Archie"-Comics, das war alles. Das hier ist ein völlig neues Universum für mich.

Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Robert Downey Jr.?

Johansson: Er sagte, er fühle sich verantwortlich für all unsere Erfahrungen bei diesem Film, was unglaublich ist. Er nahm das auf sehr liebenswürdige Art auf sich. Er war so darauf bedacht, wie es mir ging und er schien mit derselben Aufmerksamkeit an so vielen Orten gleichzeitig zu sein. Er war so aufmunternd und witzig. Es macht einfach Spaß, mit ihm zu arbeiten, da er viele Ideen einbringt und für alles offen ist.
Warner Bros.
Jung, sinnlich, offen für viele Rollen: Scarlett Johansson
Ricore: Zum Beispiel?

Johansson: Es ist schwer zu beschreiben. Während des Drehens hat er einfach Ideen eingebracht oder Dialoge improvisiert. Er passt sich ganz einfach der Richtung an, in die man geht. Ich kann mir vorstellen, dass Jon beim Schneiden ganz viele Möglichkeiten hatte, da Robert alles bietet. Beim Spielen macht mir sowas großen Spaß. Dadurch entsteht eine wirkliche Dynamik zwischen den Charakteren.

Ricore: Glauben Sie, Sie wären im wahren Leben eine gute Spionin?

Johansson: Müsste ich dafür in einer kalten Umgebung leben? Ich weiß nicht, ob ich im wahren Leben so berechnend sein könnte. Ich lasse lieber andere diese Arbeit machen.

Ricore: Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Gwyneth Paltrow beschreiben?

Johansson: Ich habe ihre Arbeit schon immer bewundert. Wir arbeiten beide bereits seit unserer Jugend in dieser Branche. Das ist toll, weil wir diese Erfahrung miteinander teilen können. Wir kennen eine Menge gute Geschichten und kennen zum Teil dieselben Leute, so dass es am Set sehr angenehm war. Ich glaube, dass sie auch sehr erleichtert war. [lacht] Sie sagte so etwas wie: "Oh mein, Gott, eine Frau. Du kannst dir ja nicht vorstellen, womit ich es hier zu tun hatte!" Und ich schaute rüber und sah Robert und Jon, die sich in einer Ecke gegenseitig schlugen. Wir wollten nicht, dass die Beziehung zwischen unseren Charakteren albern ist und so, wie man es von Frauen erwartet. Ich denke, sie ist verwirrt durch meinen Charakter und meine Figur schert sich nicht wirklich um sie. Es herrscht eine interessante Chemie zwischen den beiden. Dann sieht man, wie die beiden Frauen harmonisch zusammenarbeiten. Jon war sehr angetan von der Idee, dass Tony sich isoliert fühlt, als die beiden Frauen das Zepter in die Hand nehmen. Ich denke, dass Jon starke Frauen bewundert und daher von diesem Handlungsstrang begeistert war.

Ricore: Haben Sie schon mal Gwyneths Internetseite besucht?

Johansson: Ja, sie hat tolle Arbeit bei der Seite geleistet. Sie steckt da so viel Energie rein. Während des Filmens arbeitete sie auch daran und aktualisierte sie dauernd. Da gibt es Kochtipps und Rezepte. Sie hat so ein ausgefülltes Leben mit lauter Menschen an ihrer Seite, die sehr gut in ihrem Gebiet sind. Es ist toll, dass das alles an einem Ort zusammenkommt. Es ist eine Lifestyle-Seite, die sehr nett, verständlich und interessant gemacht ist. Ich freue mich für sie.

Ricore: Hat sie Ihnen irgendwelche Kochtipps gegeben?

Johansson: Wir haben ein paar Kochtipps ausgetauscht. Weil ich mich so ausgewogen ernähren musste, musste ich auf einmal viel öfter kochen. Ich liebe es zu kochen, aber plötzlich musste ich jeden Tag frisches Essen zubereiten. Daher tauschten wir einige Tipps aus, um Dinge, die ich essen musste, aber eigentlich nicht schmecken, etwas schmackhafter zu machen. Wir beide lieben Essen und sprachen daher oft über Restaurants, vor allem wenn ich pflanzliches Eiweiß oder Truthahn essen musste.
Jean-François Martin/Ricore Text
Scarlett Johansson (Berlinale 2008)
Ricore: Behandeln Sie die Leute auf der Straße anders, wenn sie dunkle oder blonde Haare haben?

Johansson: Normalerweise verhalte ich mich möglichst unauffällig auf der Straße und versuche Augenkontakt zu vermeiden.

Ricore: Das ist traurig...

Johansson: Glauben Sie mir, ich habe in meinem Leben genug Augenkontakt. Aber ich komme aus New York. Wenn ich die Straße entlang laufe, habe ich ein Ziel, zu dem ich mich begebe. Ich schaue die Leute gern an, doch meistens bewege ich mich einfach schnell vorwärts.

Ricore: Fühlen Sie sich durch die dunklen Haare verändert?

Johansson: Nein, nein. Ich hatte schon so viele Haarfarben und trug so viele Perücken. Es machte mir schon immer Spaß, mein Aussehen zu ändern und verschiedene Stile auszuprobieren.

Ricore: Werden Sie wieder Musik machen?

Johansson: Es wäre toll, falls sich die Möglichkeit ergibt. Ich müsste viel Zeit darin investieren und würde das auch gerne machen. Ich muss nur dazu motiviert werden.

Ricore: Wie denken Sie über die Kritiken zu "The Spirit"?

Johansson: Es ist immer schade, wenn ein Film, bei dem man dabei ist, nicht anerkannt oder nicht richtig vermarktet wird. Ich sage nicht, dass das alles zutrifft. Aber es ist schon irgendwie ärgerlich, wenn man mit wirklich kreativen Leuten zusammenarbeitet und das Ganze nicht besonders gut ankommt. Aber es ist nicht das erste Mal, das mir das passiert. Manchmal hat man Filme, die sich unmerklich zum Hit entwickeln und das macht alles wieder wett. Ich war einfach froh, dass ich die Möglichkeit hatte, Sam zu treffen und bei diesem Film erneut mit ihm zusammenarbeiten zu können. Auch mit Frank Miller würde ich jederzeit wieder zusammenarbeiten. Ich hatte eine wundervolle Zeit beim Drehen des Filmes und liebte es, den Charakter zu spielen. Ich bin bloß irgendwie traurig, dass ich die Figur nicht noch einmal spielen kann.
Jean-François Martin/Ricore Text
Schauspielerin Scarlett Johannson präsentiert sich in angemessener Abendrobe bei den Filmfestspielen in Venedig 2006.
Ricore: Ich sah Sie am Broadway und es war beeindruckend. Es ist schon ein Unterschied zwischen einem großen Hollywood-Film und einem Broadway-Stück...

Johansson: Ja, das stimmt. Es sind zwei unterschiedliche Welten. Die Arbeit ist ganz anders und auf andere Weise intensiv. Auch diesen Film zu drehen war eine Herausforderung, aber ein Stück aufzuführen ist ein Marathon. Zudem war das Stück unglaublich tragisch und niederschmetternd, auf eine Weise, die unbeschreiblich ist. Es war eine außergewöhnliche Erfahrung, die ich liebend gerne wieder machen würde. Nicht dieses Stück jedoch... [lacht]

Ricore: Fällt Ihnen in Zeitschriften immer wieder ein Klischee auf, das nicht der Wahrheit entspricht?

Johansson: Ich weiß nicht. Es ist schwierig, sich selbst auf diese Weise zu betrachten. Ich denke, ich bin nicht wirklich… vor allem bin ich 25 Jahre alt und die Leute scheinen das manchmal zu vergessen, weil es aussieht, als ob ich schon ewig dabei wäre. Doch ich fühle mich wie in einer anderen Phase meiner Karriere, denn meine Karriere hat bereits viele verschiedene Phasen gehabt. Es ist so, als ob ich dauernd was anderes mache. Ich habe die Möglichkeit, neue Charaktere zu spielen, in einem Stück mitzumachen oder ein Album aufzunehmen. Es war eine wirklich unglaubliche Reise. Ich hatte großes Glück und fühle mich so, als ob ich gerade erst starten würde. Es ist bizarr...

Ricore: Fühlen Sie sich älter als Sie sind?

Johansson: Nur spät in der Nacht. [lacht] Nein, ich habe bislang ein pralles Leben gelebt, aber ich war begeistert davon. Ich war in der Lage, in so kurzer Zeit unglaubliche Erfahrungen zu machen. Dadurch fühle ich mich nicht unbedingt älter, als ich bin. Ich weiß nicht, was es heißt, 25 zu sein. Ich fühle mich einfach so, wie ich mich fühle. Ich habe eine Menge Energie und Ehrgeiz, aber ich mache auch gern Urlaub. Wenn Sie also etwas anzubieten haben... [lacht]

Ricore: Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?

Johansson: Lesen, ins Kino gehen, im Park spazieren, Einkaufen, Kochen...

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 7. Mai 2010
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