Deutsches Filmmuseum
Anna Magnani
Rau und sinnlich: Anna Magnani
Retro Feature: Italiens Erste Oscarpreisträgerin!
Sie ist die erste Italienerin die mit einer Oscarstatuette ausgezeichnet wurde. Da sie davon ausging, diesen damals schon prestigeträchtigen Preis niemals zu gewinnen, blieb sie zu Hause in ihrer Heimatstadt Rom. Ein Journalist musste die Schauspielerin aus dem Schlaf wecken, um ihr die freudige Nachricht zu überbringen. Anfangs wollte sie diesem nicht glauben und beschimpfte ihn als Lügner. Erst als Bekannte den Oscargewinn bestätigen, traten ihr Freudentränen in die Augen. Die Rede ist von Italiens größter Nachkriegsdarstellerin, Anna Magnani.
erschienen am 30. 01. 2022
Deutsches Filmmuseum
Szene aus "Mamma Roma"
Nie den Boden unter den Füßen verloren
Die Anekdote hat sich Mitte der 1950er Jahre zugetragen. Sie zeugt von einem Naturell, das sich Magnani trotz ihres Erfolges stets beibehalten hat. Im Gegensatz zu ihren Konkurrentinnen Sophia Loren und Gina Lollobrigida, verkörperte sie meist einfache Frauen aus dem Volke. Und genauso fühlte sie sich auch. Freunde und Bekannte berichten, dass die am 7. März 1908 in Rom geborene Schauspielerin nie den Boden unter ihren Füßen verlor.

Vielleicht liegt es daran, dass Anna Magnani in großer Armut aufwuchs. Als uneheliche Tochter von Marina Magnani und einem ihr unbekannten Vater, verließ auch die Mutter ihre Tochter schon früh. So wuchs das kleine Mädchen bei ihrer Großmutter in einem römischen Armenviertel auf. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Klosterschule gelangte sie schließlich auf eine Schauspielschule in Rom. Das Geld trieb Magnani mit Gelegenheitsjobs in Kabaretts und Nachtclubs auf.
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Anna Magnani in "Bellissima"
Anna Magnanis stechender Blick
Bereits Ende der 1920er und 30er Jahre war die Italienerin mit dem stechenden Blick in Nebenrollen mehrerer Stummfilme zu sehen. Von der breiten Öffentlichkeit wurde sie erst 1941 wahrgenommen, in Vittorio de Sicas "Verliebte Unschuld". Von nun an begann die kreativste Zeit in dem Leben von Magnani. Als vier Jahre später das erste neorealistische Meisterwerk Italiens, Roberto Rossellinis "Rom, offene Stadt", in den Kinos debütierte, wurde sie zum Superstar. Manche wunderten sich darüber, da sie nicht wie Loren und Lollobrigida von überwältigender Schönheit war. Es waren wohl ihre Augen, die Zuschauer und Regisseur Rossellini faszinierten. Mit ihm hatte Magnani eine Affäre, die der Regisseur kurze Zeit später beendete, um seine berühmt-berüchtigte Liaison mit Ingrid Bergman einzugehen.
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Rom, offene Stadt
Privat wechselhaftes Schicksal
Trotz des beruflichen Erfolgs war Magnani privat nicht vom Glück gesegnet. 1933 lernte sie den italienischen Filmemacher Goffredo Alessandrini kennen, den sie zwei Jahre später heiratete. Kurz darauf trennte sich das Paar wieder. Magnani versuchte ihre einzige Ehe sogar wieder zu annullieren. Sie pflegte zu sagen: "Frauen wie ich können sich nur Männer hingeben, die sie auch dominieren können. Ich habe nie jemanden gefunden, der mich dominieren konnte."

Dies galt auch für Rossellini. Nach ihrer Affäre mit dem Starregisseur schien es, als würde sie dennoch ihr Glück finden, und zwar mit dem italienischen Kollegen Massimo Serato. Doch auch diese Beziehung hielt nur kurze Zeit. Aus dieser ging immerhin ihr einziges Kind hervor. Als Luca an Kinderlähmung erkrankte, pflegte ihn Magnani zeitlebens.
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Anna Magnani in "Vulcano"
Verdienter Oskar
Der Oscargewinn im Jahr 1955 für ihre Leistung in Daniel Manns "Die tätowierte Rose" war mehr als verdient. Ihr lebhaftes Spiel ließ das ungeschickte Method Acting ihres Kodarstellers Burt Lancaster alt aussehen. Ebenso gilt die grauenhafte Todesszene von Magnani in "Rom, offene Stadt" bis heute als erschütterndster Moment des italienischen Kinos. Eine weitere Oscarnominierung im Jahr 1958 für die Hauptrolle in George Cukors "Wild ist der Wind" war nur die logische Folge. In den 1950er und 60er Jahren drehte die Italienerin an der Seite namhafter US-Schauspieler wie Marlon Brando mit Regiegrößen wie Luchino Visconti, Stanley Kramer und Pier Paolo Pasolini. Ihren letzten Film, "Fellinis Roma" drehte sie im Jahr 1972 unter der Regie ihres langjährigen Freundes und geschätzten Regisseurs, Federico Fellini. Zu dieser Zeit litt sie bereits unter Bauchspeicheldrüsenkrebs. Anna Magnani verstarb 65-jährig am 26. September 1973 in Rom.
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Die tätowierte Rose
Anna Magnani spielte Frauen und Mütter aus dem Volk
Am 7. März 2008 hätte Anna Magnani ihren 100. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass ehrte das Deutsche Filmmuseum die italienische Darstellerin mit einer Filmreihe. "Kaum eine Schauspielerin erfüllt die Kinoleinwand mit einer derartigen Intensität und Aufrichtigkeit wie Anna Magnani. Sie spielte die Frau und Mutter aus dem Volk, bodenständig, rau, aber von einnehmender Sinnlichkeit.

Die Römerin, die 1973 auch in ihrer Heimatstadt starb, galt schon zu Lebzeiten als Inbegriff der italienischen Frau. Doch auch in Hollywood schaffte Magnani den Durchbruch: Als erste Italienerin überhaupt gewann sie den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle", so die Begründung der Frankfurter Organisatoren. Im Rahmen der Hommage wurden im deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main acht Filme gezeigt: "Rom, offene Stadt", "Liebe", "Bellissima", "Vulcano", "Die tätowierte Rose", "Wild ist der Wind", "Fellinis Roma" und "Mamma Roma".
erschienen am 30. Januar 2022
Zum Thema
Anna Magnani war nicht wie ihre Kolleginnen Sophia Loren und Gina Lollobrigida von atemberaubender Schönheit. Sie verkörperte vielmehr jenen Typus Frau, der im Volk anzutreffen war. Es waren auch genau diese Rollen, mit denen sie sich in die Herzen ihres Publikums spielte. Regisseure und Produzenten erkannten das Potential, das in Magnani steckte und engagierten sie für zahlreiche Filme. So arbeitete sie mit Roberto Rossellini, Luchino Visconti, Stanley Kramer und Pier Paolo Pasolini zusammen...
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