20th Century Fox
Otto Waalkes: Komiker, Kabarettist und Schauspieler
Humor ist ein hartes Stück Arbeit
Interview: Faultier Otto Waalkes
Es ist schon schade, ein Gespräch mit Otto Waalkes nur zu lesen, und nicht zu hören. Seine Komik lebt von der Art und Weise, wie er spricht. Die Leser dieses Interviews zu "Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los" werden leider nicht in den Genuss von Ottos unnachahmlicher Stimme kommen. Otto spricht bereits das dritte Mal Faultier Sid. Warum immer wieder eine neue Generation Otto-Fans nachkommt, verrät er uns im Gespräch.
erschienen am 1. 07. 2009
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Otto Waalkes: Oki doki Dr. Otto
Ricore: Sollen wir beginnen?

Otto Waalkes: Wir können auch aufhören.

Ricore: Sie synchronisieren in "Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los" das Faultier Sid.

Waalkes: Ja, schon das dritte Mal.

Ricore: Fühlen Sie sich mit Sid verbunden?

Waalkes: Als man mir den Film angeboten hat, habe ich gedacht: "Wieso Otto und Faultier? Das passt doch überhaupt nicht zusammen." Ich bin alles andere als ein Faultier. Aber dann habe ich erkannt, dass Sid kein echtes Faultier ist. Er ist gewitzt, schnell, flink und sehr charmant. Und dann habe ich gedacht: "Mensch, das ist ja eine totale Identifikationsfigur. Er ist identisch mit mir." Deswegen habe ich es gemacht und versucht, Sid eine Stimme zu geben und seine anatomische Beschaffenheit des Mundes nachzuahmen: "Manni, wo seid ihr?" Da hab ich gedacht, ich zieh das mal durch.

Ricore: Wie stellt man sich Otto in einem Synchronisationsstudio vor?

Waalkes: Da ist ein Regisseur, der sitzt im Mischraum. Ich sitze im Aufnahmeraum, das heißt im Studio. Da ist eine große Leinwand, es ist alles dunkel und ich stehe vor einem Mikrophon. Vor mir liegt ein Zettel und links neben mir steht eine Frau, die mir immer alles abnimmt. Die kontrolliert, ob alles drauf und ob es lippensynchron ist oder nicht. Und dann geht man Schritt für Schritt alles durch. "Manni, komm doch mal. Es gibt heut' nichts. Nicht so wählerisch sein." Dann sagt jemand "Ist in Ordnung" und es geht weiter. Das dauert mindestens zehn Stunden. Man ist den ganzen Tag beschäftigt. 700 Takes oder so, das ist der Wahnsinn.
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Otto Waalkes leiht seine Stimme Faultier Sid in "Ice Age 3"
Ricore: Haben Sie Einfluss auf den Text?

Waalkes: Ja, das hab ich. Das ist auch gut. Ich war in New York, wurde eingeladen ins Studio, da der erste Film so erfolgreich war. Sie haben sie mir die Möglichkeit zugesichert, dass es genug Freiraum gibt, den Text ein bisschen Otto spezifischer zu gestalten. Ich gehe innerlich darauf ein. Das ist echt toll.

Ricore: Früher haben Sie selbst Regie geführt.

Waalkes: Das mache ich immer noch. Wenn ich Filme drehe, führe ich auch Regie.

Ricore: Bei "7 Zwerge - Männer allein im Wald" haben Sie die Regie abgegeben.

Waalkes: Das stimmt. Da brauchten wir einen, der mit den Comedians auskommt. Das war Sven Unterwaldt. Er hat ein gigantisches Talent. Es war toll, mit ihm zusammenzuarbeiten, eine große Bereicherung.

Ricore: Können Sie die Regie einem anderen überlassen? Oder übernehmen Sie selbst hin und wieder die Regie?

Waalkes: Nee, das kann ich schon. Das überlasse ich ihm voll und ganz. Ich bin kein Schauspieler. Aber ich habe das Drehbuch selbst geschrieben und mich mit Sven zusammengesetzt. Wir haben bei der Vorbereitung Gemeinschaftsarbeit geleistet. Aber letztendlich ist er der Regisseur. Er hat die Leute sauber geführt und besitzt eine gewisse Glaubwürdigkeit. Comedians sind ja keine einfache Leute. Die hören während der Drehpause nicht auf, komisch zu sein.

Ricore: Wie ist es, wenn man von Berufs wegen witzig sein muss?

Waalkes: Das ist harte Arbeit. Es sei denn, man ist witzig, dann ist es nicht so schwierig.
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"Ice Age 3" bekommt Nachhilfe vom deutschen Komiker Otto
Ricore: Gibt es Momente, in denen Sie ernst werden?

Waalkes: Jetzt gerade bin ich ernst. Das ist ein ernstes Interview und ich beantworte ernste Fragen. Das mache ich normalerweise nicht. Ich fühle mich gerade sehr ernst und ausgebeutet.

Ricore: Ausgebeutet? Das ist aber nicht meine Absicht.

Waalkes: Zu solchen Bedingungen lasse ich mich gerne ausbeuten.

Ricore: Machen Sie privat auch Witze?

Waalkes: Muss ich nicht, nein. Eben gar nicht. Das ist mein Vorteil, das brauche ich nicht. Das reine Auftauchen reicht schon aus, um Leute zum Lachen zu bringen. Ich weiß gar nicht, warum. Ich versuche immer ernst zu sein, aber man nimmt mich einfach nicht ernst. Und das nutze ich dann aus.

Ricore: Können Sie sich vorstellen, mal eine ernsthafte Rolle zu übernehmen?

Waalkes: Ich versuche ständig ernst zu sein und ernsthafte Rollen zu spielen. Man hat mir mal eine "Tatort"-Rolle angeboten. "Herr Kommissar, Herr Kommissar, der Häftling aus Zelle zwölf hat gestanden." "Die ganze Zeit? Und Sie haben ihm keinen Platz angeboten?" "Nein, wir hatten ja keinen Stuhl." "Keinen Stuhl. Da hab ich was für Sie." Da rutsche ich immer wieder rein. Es gelingt mir nicht. Ich weiß auch nicht wieso. Ich bin ja kein Schauspieler. Ich bin Komiker und Unterhaltungskünstler. Auf der Bühne, mit Mischung und Musik. Zum Beispiel gehe ich mit Justus Frantz auf Tournee und mache dann "Peter und der Wolf" und noch ein paar Klassikgeschichten. Der Triumphmarsch, Ungarischer Tanz von Brahms und so etwas (lacht).
Ricore
Otto Waalkes auf der Ice Age 2-Premiere
Ricore: Und die Leute lachen dann…

Waalkes: Ja, komisch nicht?

Ricore: Ist Humor Handwerk oder Improvisation?

Waalkes: Es ist eine Mischung aus beidem. Improvisation, wenn man es kann, dann geht es gut. Aber es ist harte Arbeit. Man muss sich zurückziehen und mit Freunden sprechen. Filme müssen ja irgendwie entstehen, die kommen ja nicht einfach aus der Hüfte. "Angeklagter, Ihnen wird zur Last gelegt, Sie haben an dem Mast gesägt." "Ich hab nicht an dem Mast gesägt, ich hab nur mit dem Ast gefegt. Dann hab ich mich mit Hast bewegt und das hat wohl den Gast erregt. Der hat dann den Mast zerlegt." So etwas muss man erst einmal schreiben. Man muss sich Gedanken machen und das ist nicht einfach. Es ist ein hartes Stück Arbeit. Aber wenn es dann rüberkommt wie es sollte, ist es toll.

Ricore: Brauchen Sie die Bestätigung des Publikums?

Waalkes: Immer wieder, sonst würde ich nicht weitermachen. Das ist ein Rausch, eine Droge, die man braucht (lacht). Es ist das schönste Gefühl. Man hat etwas erarbeitet und gleichzeitig kommt jemand und sagt: "Das war toll, was du da gemacht hast. Das höre ich mir noch einmal an." Dann hat es sich gelohnt. Es ist ein Lob. Das ist klasse und das will man immer wieder haben. Davon wird man abhängig. Das ist gefährlich, eine Droge. Ich würde es keinem empfehlen.

Ricore: Inwieweit haben Sie den Humor des deutschen Publikums beeinflusst?

Waalkes: Ich weiß nicht, ob ich den Humor der Deutschen beeinflusst habe. Das war eine selbstständige Entwicklung, die wir alle durchgemacht haben. Mit den neuen Sehgewohnheiten beim Fernsehen kommen wieder neue Humoristen oder Comedians. Und die bringen neue Sachen. Aber als Orientierungshilfe kann ich wohl gedient haben. Das glaube ich schon. Ich habe früher selbst krampfhaft gesucht. Wir hatten nur einen Fernseher. Dann habe ich 16mm Filme gesehen. Das Tolle bei mir ist, dass immer noch Kinder nachrücken: "Mein Opa hat eine Platte von dir." Dann sag ich: "Toll, was ist das?" "Das ist rund und schwarz mit einem Loch in der Mitte." "Und was macht man damit?" "Weiß ich nicht."
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Otto Waalkes liebt es, Komiker zu sein
Ricore: Worüber lachen Sie selbst?

Waalkes: Ich lache über gute Witze, Filme, Shows und gute Künstler. Über meine Frau. Die ist auch lustig und kann sehr witzig sein. Sie hat mich mit ihrem Humor fasziniert und natürlich mit ihrem wundervollen Aussehen.

Ricore: Gibt es Komikerkollegen, über die Sie lachen können?

Waalkes: Ja, da gibt es genug. Ich kann sie alle aufzählen. Ob das nun Helge Schneider, Michael Mittermeier oder Oliver Pocher ist. Es gibt eine ganze Menge, die wirklich stark sind. Rick Kavanian oder Bully, die sind unglaublich gut. Das ist hohe Kunst.

Ricore: Wird es einen dritten Teil von "7 Zwerge - Männer allein im Wald" geben?

Waalkes: Ja, wir arbeiten gerade dran. Vielleicht wird es eher eine Animationsserie für das Fernsehen. Erst will ich selbst eine Fernsehserie machen. Als Bubi werde ich plötzlich in einer Familie auftauchen. Das werden 13 Teile im Stil von "E.T. - Der Außerirdische" oder "Alf". Das kann lustig werden. Wir stellen die Pilotsendung gerade her. Mal gucken, wie das läuft.

Ricore: Machen Sie auch noch Live-Auftritte?

Waalkes: Ja klar, damit höre ich nicht auf. Ende August bin ich in Berlin für fünf bis sechs Tage. Im Admiralspalast. Ich trete mit meinem neuen Programm auf: "Ich grüße Berlin. Ich liebte ein Mädchen vom Wannsee, ich glaub das war 'ne Transe."
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Otto Waalkes
Ricore: Sie arbeiten seit über 30 Jahren als Komiker.

Waalkes: Nicht weitersagen.

Ricore: Eigentlich sind Sie die Ikone des deutschen Humors.

Waalkes: Als Solist vielleicht. Ikone würde ich nicht sagen. Aber ich habe relativ viel geschafft. Ich war lange unterwegs, habe viele Städte bereist. War auch in Österreich und der Schweiz. Von Flensburg bis Klagenfurt habe ich alles abgeholzt. Da habe ich schon eine Menge Eindrücke hinterlassen. Das ist witzig, kann man sagen. Am nettesten ist, wenn ich in Stuttgart oder Heilbronn bin. Dann kommt der Vater mit seiner Tochter. Die schaut zu mir auf und er sagt: "Schau des isch Sidle." Ist das nicht süß? Das ist toll.

Ricore: Möchten Sie mittlerweile lieber Kinder unterhalten?

Waalkes: Die kommen einfach. Durch die Zwergenfilme, die ich gemacht habe, oder so. Es kommt immer wieder eine neue Generation hinterher. Atze fragt mich immer: "Sach ma, wie machste dat mit den Kindern. Nee, nee is klar."

Ricore: Denken Sie daran aufzuhören?

Waalkes: Warum sollte ich das? Es macht mir unglaublich viel Spaß. Und die Leute schreiben mir so tolle Briefe und kommen zu meinen Auftritten. Warum soll ich aufhören, das wäre ja doof. Das Tolle ist, dass meine Arbeit kein Verschleißdatum hat. Loriot hat mit 65 Jahren seinen ersten Film gemacht und Udo Jürgens ist immer noch unterwegs. Er nicht ich, "Einfach ich". Und was macht Howard Carpendale. "Holldrijo again", würde ich mal sagen. "Ich sag einfach, Holldrijo again."

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 1. Juli 2009
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Heute kennt man Otto Waalkes als Komiker, der seine Sketches mit einem satirischen Unterton, politischen Anspielungen und Gesellschaftskritik anreichert. Bekannt, beinahe schon legendär, sind seine veränderten Texte berühmter Lieder, die er meist selbst mit seiner Gitarre begleitet. In seinem Wortschatz lehnt er sich häufig an Heinz Erhardt an, der ebenfalls mit seiner markanten Komik deutschlandweit zu Ruhm gelangte. Neben seinen Kabarettprogrammen arbeitet Otto auch als Schauspieler,..
Der dritte Teil der Animationsreihe birgt für Sid, Manni und Diego viele Überraschungen. Die Freunde finden neue Weggefährten. Scrat ist von seinem weiblichen Pendant Scrattie hin und weg und vergisst darüber zeitweise sogar seine Nuss. Dank seiner Tollpatschigkeit und seinen verrückten Ideen landet Faultier Sid (Otto Waalkes) wie gewohnt im tiefsten Schlamassel. Dinosaurier geben der Handlung in "Ice Age 3 Die Dinosaurier sind los" neue Impulse.
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