Paramount Pictures
Bernhard Hoëcker
Humor vom Leben lernen
Interview: Bernhard Hoëcker improvisiert
"Hoëcker, Sie sind raus!" Viele kennen diesen Satz aus der Comedy-Serie "Switch". Hoëcker war im Sketch der kleine Mann am Tisch, der immer aus der Reihe viel. Raus war Hoëcker weder aus dem Sketch, noch aus der Sendung. Auch im Showbusiness ist Bernhard Hoëcker gut im Geschäft. Der 1970 in Neustadt an der Weinstraße geborene Comedian gehört zu den beliebten Comedy-Künstlern im deutschen Fernsehen. Mit "Ab durch die Hecke" und "Für immer Shrek" hat sich das Aufgabenspektrum des sympathischen Fernsehstars um die Synchronisation erweitert. In unserem Interview spricht der 40-Jährige über dieses Arbeitsfeld, sein Wissen über Märchen und die Frage, was Humor ist.
erschienen am 28. 06. 2010
Universal Pictures International (UPI)
Bernhard Hoëcker
Ricore: Vor "Für immer Shrek" haben Sie bereits in "Ab durch die Hecke" eine Sprechrolle übernommen. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?

Bernhard Hoëcker: Ich bin ein großer Filmfan und ein noch größerer Fan von Animationsfilmen. In der Comedian-Szene ist es ein Highlight, wenn man in diese Richtung was machen darf. Das macht einfach Spaß. Animationsfilme aus Deutschland gibt es extrem selten. Bis auf Bully Herbig hat hierzulande noch niemand vergleichbar große Animationsfilme hingekriegt. Als ich gefragt wurde, ob ich bei "Für immer Shrek" die Synchronisation machen will, habe ich sofort zugesagt.

Ricore: Das hat ihnen so gut gefallen, dass Sie es nochmal machen würden?

Hoëcker: Ich würde es sofort noch mal machen.

Ricore: Was reizte Sie am Rumpelstilzchen?

Hoëcker: Ich fand vor allem die Stimmungsunterschiede Rumpelstilzchens reizvoll. Er ist erst total lieb zu den Leuten, dann ist er auf einmal total böse. Das machte Spaß, bei der Arbeit die Emotionen dieser Figur zu übernehmen, um sie dann der Figur wieder zurückzugeben.

Ricore: Im Fernsehen kennt man Sie unter anderem auch aus "Die ProSieben Märchenstunde". Sind Sie ein Märchenkenner.

Hoëcker: Wenn ich jetzt ja sage, folgen wahrscheinlich Testfragen, die ich beantworten muss (lacht). Ich habe Grimms Märchen gelesen und die finde ich super. Das ist deutsches Kulturgut. Grundsätzlich würde ich sagen, dass ich Märchen kenne, aber mich nicht wirklich auskenne. Da gibt es einfach zu viele, um sie alle zu kennen. So etwa das Märchen von einer Maus und einer Bratwurst von den Gebrüdern Grimm ("Von dem Mäuschen, Vögelchen und der Bratwurst; Anmerkung der Redaktion). Nie davon gehört...
Universal Pictures International (UPI)
Bernhard Hoëcker
Ricore: Die "Shrek"-Filme sind für ihre Märchenzitate bekannt. Kamen Sie beim Märchenraten mit?

Hoëcker: Bei einigen Figuren musste ich echt überlegen. Andere, etwa die Hexen, gehören zu den allgemein bekannten Figuren. Die kennt man einfach. Schwierig ist es bei den amerikanischen Figuren. Die drei Schweinchen habe ich erkannt. Aber ob der Wolf aus den Sieben Geißlein ist oder zu den drei Schweinchen gehört, das war mir nicht ganz klar. Auch das Backwerk, das da immer rumrennt, ist eher im angloamerikanischen Raum bekannt.

Ricore: Wenn man ihre Arbeit im Fernsehen verfolgt, bekommt man den Eindruck, dass Sie bestimmt viel Fernsehen geschaut haben.

Hoëcker: Ich kann das von mir nicht behaupten. Ab und zu schaue ich mir einen Abend lang die ganzen Comedy-Sendungen an, um mich auf dem Laufenden zu halten. Außer "Verbotene Liebe", die ich regelmäßig schaue, sehe ich nicht besonders viel fern. Auch nicht die amerikanischen Großserien wie "Lost" oder "Prison Break". Die schaue ich mir eher auf DVD an, weil ich nicht die Zeit habe, sie im Fernsehen zu sehen. Über "Switch" bekam ich einen Einblick in die deutsche Fernsehlandschaft, als Vorbereitung für unsere Sendung. Als Fernsehjunkie würde ich mich aber nicht bezeichnen.

Ricore: Was haben Sie als Kind besonders gern geschaut?

Hoëcker: Damals gab es ja noch nicht so viel Fernsehen, es ging ja erst um sechs Uhr los. Die "Augsburger Puppenkiste" war aber dabei. Auch "Das Ferienprogramm" mit Anke Engelke sah ich mir an. Später kam "Star Trek" dazu und "Auf los geht's los". Irgendwann habe ich "Der weiße Hai" alleine gesehen. Seitdem habe ich Angst vor Haien. Zu Unrecht natürlich, aber die Angst ist da.

Ricore: Sie hatten Ihren Durchbruch mit "Switch". Wie sehr verfolgt Sie heute der Satz: "Hoëcker, Sie sind raus".

Hoëcker: Also, den Satz gibt es noch. Aber sich darüber zu ärgern, wäre albern. Letztlich ist es sogar gut, dass es einen Satz gibt, den die Leute immer wieder sagen. Wenn ich über die Straße gehe, dann kommt es schon mal vor, dass der eine oder andere plötzlich ruft: "Hey Hoëcker, du bist raus!". Es gehört einfach dazu. Man kann nicht alles steuern, was im Fernsehen passiert. Das ist eine riesige Lotterie.
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Switch Classics Vol. 1
Ricore: Sie sind auch regelmäßig in Sendungen wie "Genial daneben" oder "Schillerstraße" zu sehen. Es sind Sendungen, in denen Improvisation entscheidend ist. Ist Komödie mehr eine Sache der Improvisation oder des Kalküls?

Hoëcker: Beides ist der Fall. Improvisiert ist Komik immer dann, wenn wir uns zusammensetzen und überlegen, was wir machen. Da fallen einem spontane Dinge ein. Bei Sendungen wie "Switch" musste man schon mehr bauen. Man hat eine Figur, an der man arbeitet, einen Sketch, dem man eine Dramaturgie geben muss, usw. In München machen wir zurzeit eine Sendung für das ZDF. Da bekommen wir ein Thema, zu dem wir dann Stellung beziehen müssen. Was das Thema ist, wissen wir vorher nicht. Da besteht der Reiz im Spontanen. Man kann nichts vorbereiten, es passiert einfach.

Ricore: Was macht Humor aus? Können Sie uns eine definitive Antwort auf diese Frage geben?

Hoëcker: Ja, ich werde die Frage jetzt ein für allemal lösen (lacht). Humor ist, wenn es eine spontane Überraschung gibt. Das ist wiederum eine individuelle Angelegenheit. Einen überrascht es, wenn jemand auf einer Banane ausrutscht, den anderen, wenn jemand die Heisenbergsche Unschärferelation in Zusammenhang mit der Raum-Zeit-Krümmung setzt. Ich selber lache manchmal über Dinge, ohne zu wissen, warum. Dann gibt es Momente, wo jeder über etwas lacht und ich frage mich nur: Was passiert hier eigentlich, was ist so komisch? Deshalb ist Humor wahrscheinlich einfach das, was einen zum Lachen bringt.

Ricore: Und guter Humor ist, wenn man lauter lacht.

Hoëcker: Da gib es mehrere Antworten. Aus kommerzieller Sicht würde man sagen: Guter Humor ist, je mehr Leute lachen. Die moralische Antwort wäre: Je mehr man nicht auf Kosten anderer lacht. Die politische Antwort ist: Humor ist, wenn man über Dinge lacht, die die Welt verändern sollen. Letztendlich ist Humor einfach nur gesund. In der Evolution haben wir Humor gelernt. Wir lachen, und das wahrscheinlich nicht ohne Grund.
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Bernhard Hoëcker synchronisiert Rumpelstilzchen
Ricore: Kann man Humor lernen oder wird man damit geboren?

Hoëcker: Ich habe es wohl gelernt, sonst könnte ich nicht komisch sein. Aber ich glaube nicht, dass man Humor in der Schule lernen kann. Das macht man im Leben. Etwa wenn man viel mit lustigen Leuten zu tun hat. Oder wenn man viel ausprobieren kann

Ricore: Freud hat mal ein ganzes Buch über Humor geschrieben. Aber irgendwie kann man sich Freud nicht lustig vorstellen.

Hoëcker: Nein. In der Schule mussten wir das Buch "Die Kunst zu lieben" lesen. Wir freuten uns tierisch darauf, ein halbaufklärerisches Buch zu lesen. Aber es ging darin nur um Zuneigung, Verständnis und solche langweiligen Dinge.

Ricore: Ist das Fernsehen oder das Kino die geeignetere Plattform für Humor?

Hoëcker: Es kommt drauf an. Es gibt Dinge, die müssen sich aufbauen, um zu funktionieren. Andere Dinge funktionieren über das Moment der Parodie. "Switch" zwei Stunden im Kino zu sehen, würde bestimmt nicht funktionieren. Das sind einfach zwei Welten. Es ist wie die Frage, ob Buch oder Film Geschichten besser erzählen können. Es kommt drauf an, was man erzählen will. Die Frage nach Besser oder Schlechter ist eine Binärfrage. Es gibt nicht nur gut und schlecht. Die Welt ist ein Spektrum.

Ricore: Würden Sie sich als Komiker des Wortes oder des Körpers betrachten. Sind Sie ein Sprachkomiker oder ein Slapsticker.

Hoëcker: Ich selber würde mich als Comedian des Wortes bezeichnen. Ich habe aber auch Spaß am Slapstick. Ich mag sicher beides, tendiere aber eher zum Wort. Es ist auch nicht so anstrengend.

Ricore: Wo liegen Ihre komödiantischen Wurzeln?

Hoëcker: Die liegen in meinem Elternhaus. Ich bin halb Pfälzer und halb Rheinländer. In der Familie meines Vaters wurde immer viel gesungen. Als Kind habe ich nie daran gedacht, einmal wie Heinz Erhardt oder Otto zu werden. Sie machten zwar schöne Sachen. Ich aber habe immer Sachen gemacht, an denen ich selber Spaß hatte. Das ist auch bequemer. Ich bin ein fauler Mensch.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 28. Juni 2010
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2024