Paramount Pictures
Dev Patel
Schwarzer Gürtel und rosa Socken
Interview: Slumdog und Kämpfer Dev Patel
Schon in der Schule entdeckt Dev Patel seine Liebe zur Schauspielerei und steht unter anderem in Shakespeares Komödien auf der Bühne. Nachdem er in der britischen Fernsehserie "Skins - Hautnah" einen muslimischen Jugendlichen spielt, gelingt ihm in Danny Boyles Drama "Slumdog Millionär" der Durchbruch. Auch privat ist Patel ein Kämpfer, er hat den schwarzen Gürtel in Taekwondo. Das kommt ihm für seine Rolle als Feuerkämpfer Zuko in M. Night Shyamalans "Die Legende von Aang 3D" zugute. Er hat aber auch eine weiche Seite. Offen spricht der 20-Jährige über die Wirkung seines Talents auf Mädchen und seine Vorliebe für rosa Socken.
erschienen am 18. 08. 2010
Paramount Pictures
Dev Patel als feuriger Zuko
Ricore: Auf einer Pressekonferenz zu "Die Legende von Aang 3D" sprachen Sie über die Herausforderungen, ein Martial-Arts-Projekt zu realisieren. Sehen Sie sich in Zukunft als Actionstar?

Dev Patel: Das kann ich nicht sagen. Ich habe schon immer davon geträumt - wie wahrscheinlich jedes Kind. Ich wollte immer Bruce Lee sein. Als ich in der Küche die Milch aus dem Kühlschrank holte, habe ich die Tür mit einem Kick zu gemacht oder versucht, einen Löffel mit einem Tritt aus der Schublade zu befördern. Es ist toll jetzt einen solchen Charakter zu spielen. Das hat mir viel Spaß gemacht. Das Kind in mir wurde geweckt. Zwar sieht man es mir nicht an, aber ich habe acht Jahre lang Taekwondo gemacht. Die meisten Kampfszenen habe ich selbst gespielt. Manche waren allerdings zu gefährlich.

Ricore: Warum haben Sie mit Taekwondo begonnen?

Patel: Ich bin mit Filmen von Jackie Chan und Bruce Lee aufgewachsen und wollte Schauspieler werden. Zudem war ich ein sehr energischer Kerl, so dass mich meine Eltern in den Martial-Arts-Unterricht geschickt haben. Ich habe das zwei bis dreimal die Woche für jeweils zwei oder drei Stunden gemacht. Irgendwann habe ich dann auch jüngere Kinder unterrichtet. Dann habe ich angefangen, an Wettkämpfen teilzunehmen. Das Ganze hat mich gut auf die Schauspielerei vorbereitet.

Ricore: Welche Parallelen gibt es noch zu Zuko?

Patel: Man versucht immer, dass die Figur einem selbst möglichst ähnlich ist. Das ist in diesem Fall schwierig, weil einige Szenen vom Cartoon übernommen wurden. Vorher wurden teilweise digitale Kopien unserer selbst erstellt, die durch das Bild laufen. So wusste M. Night Shyamalan, wo wir zu stehen hatten. Dabei haben wir versucht, es so echt wie möglich erscheinen zu lassen. Ich las einen Teil des Drehbuchs vor dem Vorsprechen und erkannte gleich die Verwundbarkeit des Charakters. Von diesem Punkt aus ging ich an die Sache ran.

Ricore: Es gab also ein Vorsprechen?

Patel: Ja, noch vor der Veröffentlichung von "Slumdog Millionär". Ich habe mich auf Kassette aufgenommen und diese nach Los Angeles geschickt. So hat das angefangen.
Prokino Filmverleih
Slumdog Millionär
Ricore: Haben Sie seit "Slumdog Millionär" an vielen Vorsprechen teilgenommen?

Patel: Es waren nicht allzu viele. Nach "Slumdog Millionär" kam gleich "Die Legende von Aang". Dann bin ich für etwa vier Monate nach Indien gefahren.

Ricore: Was haben Sie in Indien gemacht?

Patel: Ich habe Freunde getroffen, die ich während der Dreharbeiten zu "Slumdog Millionär" kennenlernte. Ich versuchte, etwas ins Leben zu rufen, dass die Thematik von "Slumdog Millionär" noch mehr in die Öffentlichkeit rückt. Zwar wurde im Zuge des Films sehr viel über die Slums von Indien und die armen Kinder gesprochen, allerdings reicht das nicht. Ich kann in meiner Position viel erreichen, um die Leute auf die Zustände hinzuweisen.

Ricore: Wie hat "Slumdog Millionär" Ihr Leben verändert?

Patel: Ich glaube, jeder Schauspieler würde sich sehr über ein solches Drehbuch und eine solche Rolle freuen. Ich weiß nicht recht, wie ich es erklären soll, aber es war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung. Ich war ja zum ersten Mal in Indien. Ich fragte mich die ganze Zeit, wie ich wohl einen echten Inder spielen könnte, wenn ich mir doch wie ein britischer Eroberer vorkam. Die einzige Parallele war die Hautfarbe. Danny Boyle war ein sehr guter Mentor und Anthony Dod Mantle, der Kameramann, war geduldig und brachte uns viel bei. Die Rolle hat mich irgendwie berühmt gemacht und gewährt mir nun Zugang zu Drehbüchern.

Ricore: Es war also Ihr erster Aufenthalt in Indien?

Patel: Ich war mal als kleiner Junge dort, in einem kleinen Dorf ohne Fernseher. Damals fand eine Hochzeit statt, aber ich erinnere mich kaum noch daran, bloß an Mücken und Bauchschmerzen. Für den Film war ich zum ersten Mal in Mumbai, das war großartig.
Prokino Filmverleih
Slumdog Millionär (Dev Patel, Freida Pinto)
Ricore: Haben Sie nach der Rolle keine Angst, dass Jamal an Ihnen haften bleibt?

Patel: Ich habe oft darüber nachgedacht. Allerdings ist es auch sehr schön, eine Figur zu spielen, die so viele Menschen berührt. Sorgen mache ich mir keine, ich bin stolz auf die Rolle und froh, dass ich sie gemacht habe. Klar bin ich als Schauspieler in dieser Branche, um in möglichst viele, unterschiedliche Charaktere zu schlüpfen.

Ricore: Ist es ein glücklicher Zufall, dass zuerst "Slumdog Millionär" und dann "Die Legende von Aang" herauskamen? Andersrum wäre es vielleicht nicht so positiv gelaufen, weil Sie dann der Action-Star gewesen wären, der sich an eine Charakterrolle wagt?

Patel: Ich glaube, so geht es jedem in dieser Industrie. Die einzigen Gegenbeispiele, die mir einfallen, sind Schauspieler wie Kate Winslet oder Daniel Day-Lewis, die wirklich großartig sind. Jeder versucht, sich immer neu zu beweisen und nicht an alten Rollen hängen zu bleiben. Besorgt bin ich aber nicht. Ich richte die Aufmerksamkeit lieber auf die nächsten Projekte und die Leute, mit denen ich zu tun habe. Ich bin mit beiden Rollen zufrieden.

Ricore: Wann und wie haben Sie gemerkt, dass die Schauspielerei Ihr Traum ist?

Patel: Da war ich noch ein kleiner Junge. Das war in der Schule schon ein Vorteil, weil ich nie ein Mädchenschwarm war. Also habe ich all die Aufmerksamkeit während der Theateraufführungen in der Schule bekommen. Alle kamen, um zuzusehen. Da ich immer die coolen, lustigen Rollen bekam, haben auch immer alle gelacht. Es wurde gemunkelt, ich sei der beste Schauspieler der Schule. So erntete ich dann doch die weibliche Aufmerksamkeit. So hat es angefangen.

Ricore: Kannten Sie die Zeichentrick-Serie "Avatar - Herr der Elemente", bevor Sie bei Shyamalan mitspielten?

Patel: Ja, ich liebte sie. Es hat Spaß gemacht, sie anzusehen. Auch dort gab es viel Martial-Arts. Außerdem liebe ich Zeichentrick.
Paramount Pictures
Die Legende von Aang in 3D
Ricore: Passte der aggressive Kampf-Stil der Feuerarmee zu Ihrem persönlichen Kampf-Stil?

Patel: Ja, Taekwondo ist eine harte Sportart. Es ist eine koreanische Kampfsportart, die auch im Militär eingesetzt wird, nach dem Motto: Ein Schlag, ein Toter. Aber es hat mir geholfen. In einigen Szenen sieht man mich meine eigenen Kicks machen.

Ricore: Haben Sie sich während der Dreharbeiten auch verletzt?

Patel: Die ganze Zeit. (lacht). Mit dem riesigen Budget konnten sie zwar riesige, schwebende Wasserblasen realisieren. Aber beim Make-Up an meinem Auge haben sie Gelatine und anderes Zeug benutzt. Im Verlauf des Tages spürte ich, wie es durch die Hitze immer mehr in die Nähe meines Auges floss und ich dachte: "Oh, oh!" [lacht]

Ricore: In der Zeichentrick-Serie sehen die Haare der Figur anders aus.

Patel: Ja. Ich glaube, das Problem war, dass ich mit einem Pferdeschwanz wie ein Alien ausgesehen hätte. Ich könnte sowieso nicht genau wie der Charakter aussehen, außer durch plastische Chirurgie, aber so ein Method-Actor bin ich nicht. [lacht] Meine Aufgabe als Darsteller bestand darin, der Essenz der Vorlage gerecht zu werden. Wichtig war, dass die ikonische Narbe echt aussah. Zunächst war sie schwarz und ich sah damit aus wie ein Panda. Am Feierabend war es dann immer hart, dass ganze Zeug wieder runter zu kriegen.

Ricore: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Patel: Die Schauspielerei. Manche besuchen die Universität, um Karriere zu machen. Ich hatte das Glück, früh in die Branche zu gelangen, in die ich wollte. Es war auch ein Privileg, Danny Boyle zu treffen. Ich will damit auf jeden Fall weitermachen.
Paramount Pictures
Dev Patel und M. Night Shyamalan
Ricore: Welche Unterschiede bestehen zwischen Danny Boyle und M. Night Shyamalan?

Patel: Danny Boyle ist etwas größer [lacht]. Sie sind sehr unterschiedlich. Man kann ihre Filme nicht wirklich vergleichen. Bei "Slumdog Millionär" ging es darum, frei zu sein. Da musste man etwa in überfüllten Plätzen in Indien eine Tanzszene drehen. Und wir dachten uns: "Okay.". Shyamalans Art zu arbeiten ist ganz anders. Aber beide haben eine Art kindliche Unschuld gemeinsam.

Ricore: Ist es Ihnen schwergefallen, mit all den Spezialeffekten zu arbeiten?

Patel: Es ist sehr raffiniert. Obwohl sie einem immerzu beschreiben, dass es so und so ablaufen wird, läuft man als Darsteller natürlich Gefahr, bei den Szenen zu übertreiben. Etwa wenn es um einen riesigen Feuerball geht, der sich am Ende als gar nicht so groß herausstellt. Es erfordert alles eine gewisse Vorstellungskraft und viel Geduld.

Ricore: Ich kann nicht aufhören, auf Ihre rosa Socken zu starren. Haben Sie die Socken bewusst zu ihrem Anzug angezogen?

Patel: Ich wünschte, ich könnte sagen, dass das Outfit so geplant war. Doch ich besitze einfach sehr viele alberne, bunte Socken. Alle meine Socken würden Aufmerksamkeit erregen. Sie haben Glück, dass ich nicht meine gelben angezogen habe. [lacht]

Ricore: Wie wichtig ist Ihnen die Wahrnehmung durch andere Personen?

Patel: Durch die Schauspielerei wurde die Aufmerksamkeit von außen größer. Wenn ich vom Sport nach Hause komme und plötzlich jemand ein Foto mit mir machen will, denke ich mir schon: "Wirklich, muss das jetzt sein? Ich schwitze und miefe gerade." Zum Glück können Kameras keine Gerüche wahrnehmen. Jeder, der in dieser Branche arbeitet, kennt das. Man macht sich schon Gedanken darüber, aber ich bin nicht besessen von meinem Aussehen.
Paramount Pictures
Dev Patel
Ricore: Stimmt es, dass Sie noch bei Ihren Eltern wohnen?

Patel: Ja, das stimmt. Wir schlafen alle im gleichen Zimmer [lacht]. Viele fragen mit Verwunderung danach. Ich bin so viel unterwegs, da ist das nicht schlimm. Und ich freue mich, wenn ich nach Hause komme und in den Genuss der mütterlichen Küche komme.

Ricore: Es ist also sehr entspannend für Sie, nach Hause zu kommen?

Patel: Nicht immer, ich habe eine sehr anstrengende Familie. Es ist aber schön, etwas Normales zu tun. Im Gegensatz dazu bin ich immer in irgendwelchen klimatisierten Hotelzimmern, steige danach in eine schwarze Limousine und bin in irgendeiner Fernsehshow. Es tut gut, einfach nur zu Hause zu sein.

Ricore: Ist Ihr Privatleben nach dem Erfolg von "Slumdog Millionär" schwieriger geworden?

Patel: Es ist komisch, denn alle fragen mich danach, obwohl es ja eigentlich privat ist. Für "Slumdog Millionär" haben wir sehr viel Pressearbeit gemacht. Ich habe erst mit der Zeit realisiert, dass man nicht alles sagen kann. Einmal tat ich kund, dass ich im Four Seasons im Zimmer 425 wohne. Es war sehr lustig. Doch dann sagte man mir, ich dürfe sowas nicht einfach erzählen. [lacht]

Ricore: Welche Projekte stehen für die Zukunft an?

Patel: Nun, ich lese einige Drehbücher, kann aber noch nichts Konkretes dazu sagen, da alles erst in der Entstehung ist. Eine Komödie wäre nett, doch ich bin auch für andere Dinge offen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 18. August 2010
Zum Thema
Dev Patel wird am 23. April 1990 als Sohn eines aus Nairobi stammenden Inders in London geboren. Er spielt als Jugendlicher im Schultheater und bekommt eine Rolle in der Fernsehserie "Skins - Hautnah". Mit seiner Hauptrolle des Jamal in Danny Boyles "Slumdog Millionär" gelingt Patel der internationale Durchbruch. Er wird unter anderem mit dem M. Night Shyamalan an "Die Legende von Aang 3D".
Seit über hundert Jahre werden die Menschen von der brutalen Feuernation unterdrückt. Verzweifelt hoffen sie auf die Ankunft des auserwählten Avatars. Als die Geschwister Katara (Nicola Peltz) und Sokka (Jackson Rathbone) den jungen Aang (Noah Ringer) aus dem ewigen Eis befreien, entpuppt sich dieser als der erhoffte Erlöser. Als die Feuernation dahinter kommt, versucht sie ihn mit allen Mitteln in ihre Gewalt zu bringen. "Die Legende von Aang 3D" basiert auf der Zeichentrickserie "Avatar -..
2024