Jean-François Martin/Ricore Text
Clive Owen (Venedig 2006)
Clive Owen über seinen rasanten Aufstieg
Interview: Medienscheuer Star
Binnen fünf Jahren schaffte es Clive Owen mit Rollen in "Gosford Park", "Hautnah" und "Sin City" vom britischen TV-Darsteller zum internationalen Kinostar. In Alfonso Cuaróns Science Fiction-Thriller "The Children of Men" versucht der 41-jährige als Regierungsbeamter die Menschheit vor dem Aussterben zu retten. Doch als wir ihn vor den Filmfestspielen im New Yorker Hotel Regency zum Gespräch treffen, wirkt der Shootingstar erschöpft und nervös, Fragen beantwortet er nur unwillig.
erschienen am 5. 09. 2006
Jean-François Martin/Ricore Text
Clive Owen stellt in in Venedig "The Children of Men" vor
Ricore: Herr Owen, was ist passiert?

Clive Owen: Ich arbeite zurzeit sehr viel und das viele Reisen strengt an. Es ist hart für mich, so oft von meinen Kindern getrennt zu sein. Außerdem: Werfen Sie mal einen Blick vor den Hoteleingang! Da lungern schon wieder Paparazzi herum.

Ricore: Die Fotografen sind ein Problem für Sie?

Owen: Für mich ist es nur unangenehm, aber für meine Kinder ist es verstörend. Ich habe immer versucht, meine Familie aus allem herauszuhalten, was mit meinem Job zu tun hat. Aber inzwischen werden sogar Fotos gemacht, wenn ich meine Tochter von der Schule abhole. Das geht zu weit. Ich werde in solchen Momenten auch richtig sauer.

Ricore: Sie arbeiten schon seit 1987 als Schauspieler, der große Durchbruch kam allerdings erst in den letzten Jahren. Was ist der Grund für diese plötzliche, steile Karriere?

Owen: Ich habe in britischen Fernsehserien gespielt, bevor 1998 ein kleiner Film namens "Der Croupier" mein ganzes Leben verändert hat. Mike Hodges, der Regisseur, hat es damals mit viel Einsatz geschafft, dass wichtige Leute in Hollywood den Film mit mir in der Hauptrolle zu sehen bekamen. Das ermöglichte es mir, vom Fernsehen auf die Leinwand zu wechseln. Bei den Rollen, die ich anschließend gespielt habe, war zwar auch das Glück auf meiner Seite, aber dieser Film hat definitiv das Eis gebrochen.
UIP
Clive Owen in "The Children of Men"
Ricore: Für Alfonso Cuarón standen Sie nun für "The Children of Men" vor der Kamera. Was war das für eine Erfahrung?

Owen: Der Dreh war allein deshalb außergewöhnlich, weil Alfonso eine Vision von der Zukunft inszeniert hat, die vielleicht wie ein Science Fiction-Film wirkt, aber vermutlich weitaus näher an der Realität liegt, als uns lieb ist.

Ricore: Der Film behandelt das drohende Ende der Menschheit...

Owen: Seine Geschichte spielt im Jahr 2027. Seit achtzehn Jahren hat keine Frau mehr ein Baby zur Welt gebracht. Unsere Gesellschaft steht vor der Gefahr, einfach auszusterben.

Ricore: Klingt aber ehrlich gesagt reichlich unwahrscheinlich...

Owen: Die Geschichte ist eine gute Mixtur aus Fiktion und sehr klaren Überlegungen, wie die Welt in dreißig Jahren aussehen wird.
Jean-François Martin/Ricore Text
Hat die Naso voll von aufdringlichen Paparazzi
Ricore: Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Geschichte?

Owen: Die Grundidee stammt von einer Buchvorlage. Das hat der Regisseur als Ausgang genommen und seine eigenen Gedanken hineininterpretiert.

Ricore: Wie gut kannten Sie den mexikanischen Regisseur vor Beginn der Dreharbeiten?

Owen: Ich bin ein großer Fan seiner Arbeit, vor allem von "Die Traumprinzessin" und "Große Erwartungen". Warum? Weil er einer der wenigen ist, der immer sein eigenes Ding durchgezogen hat, trotz aller Erfolge. Wie auch immer "Children of Men" von Kritik und Zuschauern aufgenommen werden wird, es ist ein einzigartiges Werk, sehr typisch für ihn und seine Inszenierungsweise.

Ricore: Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Rollen?

Owen: Ich mache meine Entscheidungen immer stärker vom jeweiligen Regisseur abhängig. Es mag vielleicht Projekte gegeben haben, die auf den ersten Blick besser zu mir gepasst hätten als "Children of Men". Aber das ist für mich kein Kriterium. In erster Linie zählt für mich, ob ich mit einem visionären Künstler zusammenarbeiten darf. Ist dies der Fall, gebe ich mich gerne in seine Hände.
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Szene aus "The Children of Men" (Clive Owen, Julianne Moore)
Ricore: Ihre Fans fragen sich derweil, ob Sie beim zweiten Teil von "Sin City" wieder mit dabei sind?

Owen: Es gibt Pläne, warten Sie es ab.

Ricore: Was machen Sie am liebsten, wenn die letzte Klappe gefallen ist?

Owen: Nichts. Ich gehe keinerlei Verpflichtungen mehr ein. Am wichtigsten ist mir, Zeit mit meinen Kindern zu verbringen. Ansonsten höre ich David Bowie. Exzessiv.
erschienen am 5. September 2006
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Children of Men (Kinofilm)
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2024