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Rudolf Platte in "Mädchen mit schwachem Gedächtnis"
Vier Hochzeiten und ein Darsteller
Retro Feature: Wechselhafter Rudolf Platte
Kino, Theater oder doch lieber ein Engagement beim Fernsehen? Diese Frage stellt sich Rudolf Platte während seiner über 55 Jahre andauernden Karriere wohl häufiger. Wirklich festlegen kann oder will er sich nie. Auch wenn es um die Frauen geht, hat der deutsche Schauspieler so seine Entscheidungsprobleme. Erst im vierten Anlauf überzeugt ihn Schauspielkollegin Georgia Lind, so dass er mit ihr gleich zwei Mal zum Altar schreitet.
erschienen am 20. 02. 2024
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Rudolf Platte mit Loni Heuser in "Mädchen mit schwachem Gedächtnis"
Rebellion!
Platte wird am 12. Februar 1904 unter dem bürgerlichen Namen Rudolf Antonius Heinrich Platte in Hörde geboren. Nach drei Jahren zieht er mit Mutter Karoline und Vater Josef nach Hildesheim. Die Leidenschaft für das Schauspiel kommt früh zum Vorschein. Als Zwölfjähriger tritt Platte am Schultheater auf. Obwohl er ein Gymnasium besucht und das Abitur machen könnte, bricht er sehr zum Leidwesen seiner Eltern sechzehnjährig die Schule ab. Der Vater, ist wenig begeistert von der Bühnenaffinität seines Sohnes. Der Kaufmann kann sich nicht damit abfinden, dass dieser eine künstlerische Richtung einschlagen will.

Die Entscheidung, eine Schauspielschule zu besuchen, fällt Platte daher ohne das Einverständnis seiner Eltern. Fünf Jahre nach diesem Schritt bekommt der inzwischen 21-Jährige 1925 sein erstes Engagement an einer Bühne. Seine Karriere beginnt mit William Shakespeare an der Düsseldorfer Freilichtbühne. In "Der Kaufmann von Venedig" wird Platte als Shylocks besetzt. Kein schlechter Start!
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Berliner 'Katakombe'
Mit der Hauptrolle werden weitere Theaterintendanten auf den jungen Künstler aufmerksam. Platte wird von mehreren Bühnenhäusern engagiert. Unter anderem führt ihn sein Weg nach Bad Harzburg, Hagen, und Wuppertal, bis er sich 1927 schließlich in Berlin niederlässt.

Obwohl seine Rollen eher aus dem dramatischen Fach sind, wird man auf Plattes witzige Seite aufmerksam. Werner Finck überzeugt den 23-Jährigen, sich auf sein eigentliches Talent zu konzentrieren: das Komödiantische. Mit Hans Deppe und Robert A. Stemmle leiten die beiden ab 1929 das Kabarett Katakombe und treten mit Sketchen über Politik und Literatur auf. Im gleichen Jahr erhält Platte seine erste Hauptrolle im Kurzfilm "Mein Traum wär ein Mädel" - dem ersten deutschen Tonfilm. Danach folgt ein Engagement nach dem anderen, zunächst überwiegend als Nebendarsteller.

Für die Berliner Katakombe läuft es hingegen weniger gut. Ab 1933 wird das Programm unpolitisch. Unter den Gästen befinden sich im Jahr der Machtübernahme der Nationalsozialisten regelmäßig Gestapospitzel im Publikum. Trotz der Programmumstellung wird das Kabarett 1935 auf Anweisungen von Joseph Goebbels geschlossen. Die Begründung lautet, die Witze gingen auf Kosten des neuen Regimes.
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Theater statt Film - oder was?
An über 200 Produktionen ist der Darsteller im Laufe der folgenden Jahre beteiligt. Plattes Markenzeichen sind sein dürrer Körper und seine schnelle Aussprache. Für Hauptrollen wird der Wahlberliner selten besetzt. Er bringt als liebenswürdiger, unbeholfener Nebendarsteller mit komödiantischem Talent die Zuschauer zum Lachen. Allerdings lässt sich Platte auf dieses Schema nicht festlegen. Er tritt zwischen 1940 und 1949 wieder verstärkt am Theater auf, um der Schublade zu entgehen. Auf der Bühne darf er auch ernstere Charaktere spielen. Die Komödie fehlt ihm aber doch, ständig wechselt der Darsteller zwischen Theater und Film.

Ab den 1960er Jahren kommen zudem Aufträge für das Fernsehen hinzu, was Platte dankbar annimmt. Mit dem immer populärer werdenden Medium kann er sich von seinem festgelegten Bild des Komikers offenbar leichter distanzieren. Das Fernsehen bietet ihm eine dritte Plattform für seine Kunst.

Trotzdem lockt ihn das Kinogeschäft mit lustigen Nebenrollen. Nachdem er 1957 an der Seite von Heinz Erhardt die Komödie "Der müde Theodor" dreht, stehen sie 1970 wieder gemeinsam für "Die Herren mit der weißen Weste" vor der Kamera. Rainer Werner Fassbinders "Die Sehnsucht der Veronika Voss" ist 1982 Plattes letzter Film für die Lichtspielhäuser. Zu dieser Zeit fokussiert sich der Berliner bevorzugt auf harmlose Fernsehrollen der leichten Unterhaltung wie "Jakob und Adele" oder die "Rummelplatzgeschichten".
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Rudolf Platte in "Mädchen mit schwachem Gedächtnis"
Heiratsmarathon
Dass sich Platte nicht immer festlegen will, zeigt sich auch in seinem Privatleben. Viermal schreitet er vor den Traualtar. Zum ersten Mal gibt er Vally Hager das Ja-Wort. Die Verbindung hält jedoch nur kurze Zeit. 1942 heiratet er die Schauspielerin Georgia Lind. Nur ein Jahr später trennen sie sich wieder. Einsam bleibt Platte jedoch nicht. Nach seiner Trennung von Lind, geht er eine eheliche Verbindung mit Schauspielkollegin Marina Ried ein.

Diesmal hält die Ehe sogar zehn Jahre. 1953 lässt er sich jedoch zum dritten Mal scheiden. Seine Einsamkeit dauert auch diesmal nicht lange an. Seine zweite Ehefrau hat es ihm wohl mehr angetan, als er es in den Jahren zuvor zugestanden hat. 1954 gibt Platte seiner Liebe zu Lind eine zweite Chance und heiratet sie erneut. Bis zu ihrem Tode lebt das Paar in Berlin. Die Schauspielerin stirbt am 10. Dezember 1984. Ihr Ehemann Platte folgt ihr acht Tage später. Letzten Endes legt sich Platte also doch fest.
erschienen am 20. Februar 2024
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