Ralf Hake/Ricore Text
Kostja Ullmann auf der "Groupies"-Premiere
Bleiben Groupies zum Frühstück?
Interview: Kostja Ullmann klärt auf
Kostja Ullmann ist HSV-Fan mit Leib und Seele. Für "Groupies bleiben nicht zum Frühstück" schlüpft der Hamburger in die Rolle des Lead-Sängers einer Boy-Group. Für sein Debüt als Musiker hat der Schauspieler Gesangs- und Gitarrenunterricht genommen um bei "The Dome" vor 10.000 Zuschauern life zu singen. Der zurückhaltende Ullmann verrät uns, wie es sich anfühlt, die Präsidenten Suite des Ritz-Carlton zu zerlegen und welche Zukunft er sich erhofft. Eine Karriere in Hollywood oder in Bollywood oder gar im Musikbusiness?
erschienen am 22. 09. 2010
Ralf Hake/Ricore Text
Anna Fischer und Kostja Ullmann auf der "Groupies"-Premiere
Ricore: Haben Sie Gesangsunterricht für "Groupies bleiben nicht zum Frühstück" genommen? Können Sie sich vorstellen, als Sänger zu arbeiten?

Kostja Ullmann: Für mich war es ein schöner Ausflug ins Musikgeschäft, die Schauspielerei liegt mir aber mehr. Es sieht leichter aus, als es ist. Ich hab fünf Monate vor Drehbeginn mit dem Gesangsunterricht begonnen, der während der Dreharbeiten weiterlief. Nachdem der Film abgedreht war, haben wir noch ein halbes Jahr gebraucht, bis wir die Songs wirklich konnten.

Ricore: Können Sie sich vorstellen, mehr daraus zu machen?

Ullmann: Wir waren mit unsere fiktiven Band "Berlin Mitte" gerade bei "The Dome" in Hannover, das war ein tolles Erlebnis vor 10.000 Menschen auf der Bühne zu stehen. Man fühlt sich großartig, das ist natürlich sehr verlockend. Kein Wunder, dass viele Künstler die Bodenhaftung verlieren.

Ricore: Als Kino- und Fernsehschauspieler hat man keinen direkten Kontakt mit dem Zuschauer...

Ullmann: Es ist schon ein großer Unterschied, man wird gleich zum Star gemacht. Bei uns wussten die Zuschauer, dass wir Schauspieler sind, weil vorweg ein paar Filmszenen gezeigt wurden. Wir mussten nur ins Publikum zeigen und alle haben angefangen zu schreien. Deshalb war es für mich eine interessante Erfahrung, aber ich bleibe Schauspieler.

Ricore: Würde Sie das Rockstar-Leben in luxuriösen Hotelsuites nicht reizen?

Ullmann: In einer so großen Suite wie im Film, würde ich mich wahrscheinlich verirren. Mir reicht ein Zimmer, wenn ich meine Ruhe haben will. Verlockend ist es natürlich schon. Es war schon toll, in der Präsidentensuite des Ritz-Carlton zu drehen und auch noch alles kaputt machen zu dürfen. Wir haben auch in Privatjets und Stretchlimousinen gedreht, solche Dinge sind natürlich nicht alltäglich. Aber ich muss gestehen, dass so ein Leben nichts für mich wäre.
Ralf Hake/Ricore Text
Anna Fischer und Kostja Ullmann auf der "Groupies"-Premiere
Ricore: Ist das Leben eines Musikers extremerer, als das des Schauspielers?

Ullmann: Schon die PR ist anders als beim Film. Mein Filmcharakter Chris darf etwa keine offizielle Freundin haben. Angefangen hat das bestimmt mit Boy Bands wie den Backstreet Boys oder Take That. Bei der Schauspielerei, gerade hier in Deutschland, ist das nicht so extrem.

Ricore: Bei Schauspielern ist es generell nicht so wichtig, wer jetzt welche Freundin hat, oder?

Ullmann: Selbst in Amerika ist es nur partiell interessant, ob Leonardo DiCaprio eine neue Flamme hat. Anders ist das bei Musikern, die Groupies haben, die den Künstlern hinterher reisen.

Ricore: Sehen Sie trotzdem Parallelen zu ihrem eigenen Star-Dasein?

Ullmann: Chris und ich das Wesen gemein. Er ist im privaten auch eher ein ruhiger, zurückgezogener Typ, der den Trubel nicht braucht. Ich werde natürlich nicht so oft erkannt wie er, aber das ist auch gut so. Durch den Film hab ich begriffen, dass man an dem Ruhm auch zerbrechen kann. Gott sei Dank nehme ich mich und meinen Beruf nicht allzu ernst.

Ricore: Das Konzept war ursprünglich generationenübergreifend geplant. Allerdings steht in einer Kritik, dass Jungs und ältere Mädchen die Komödie wahrscheinlich nicht so ernst nehmen würden. Die Zielgruppe sei eher bei den 14jährigen Mädels anzusiedeln.

Ullmann: Ich hab das ähnlich gesehen bis ich sehr positive Äußerungen von wesentlich älteren Zuschauern bekommen habe. Die Geschichte an sich ist natürlich nicht neu, aber sie wurde mit viel Charme erzählt. Zudem ist bis in die kleinste Rolle gut besetzt und die Musik ist phantastisch. Deshalb glaube ich schon, dass für jeden was dabei ist. Der Film funktioniert auf eine ähnliche Weise wie "Notting Hill" und der erreicht auch eine große Bandbreite an Zuschauern.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Anna Fischer und Kostja Ullmann in "Groupies bleiben nicht zum Frühstück"
Ricore: War "Notting Hill" ein Vorbild?

Ullmann: Wir haben uns den Film vor Drehbeginn nochmal angesehen, aber ein direktes Vorbild würd ich ihn nicht nennen. Dadurch, dass Marc Rothemund ein gutes Auge für Bilder hat, erzählt er die Geschichte auf seine ganz persönliche Weise.

Ricore: Sie haben mit der weiblichen Hauptdarstellerin Anna Fischer schon einmal einen Kurzfilm gedreht...

Ullmann: Soweit ich weiß, war "Schwarze Erdbeeren" ihr erster Film für die Ludwigsburger Filmhochschule. Es war auch ein toller Zufall, dass wir wieder zusammen arbeiten. Sie ist eine echte Powerfrau, eine Berliner Göre mit der man immer Spaß hat. Sie bringt immer wieder neue Ideen mit ans Set.

Ricore: Man merkt dem Film an, dass die Dreharbeiten Spaß gemacht haben.

Ullmann: Wir hatten wirklich alle zusammen sehr viel Spaß. Auch die Bandmitglieder sind richtig zusammen gewachsen. In der Geschichte kennen wir uns alle aus Celle und irgendwann hatte man wirklich das Gefühl, dass man sich schon ewig kennt. Das ging so weit, dass man beim Vorbereitungstreffen für 'The Dome' nicht das Gefühl hatte, auf Schauspielkollegen zu treffen, sondern auf seine Band. Ich bin zum Beispiel mit dem 'fiesen' Band Manager Roman Knižka zur WM nach Südafrika geflogen.

Ricore: Was passiert jetzt eigentlich mit der Band?

Ullmann: Die hat sich wieder aufgelöst.

Ricore: Aber die Musik war doch gut.

Ullmann: Die wurde auch von Roland Spremberg produziert, der hat auch das letzte a-ha-Album produziert. Uns hat die Musik auch gefallen, das war wichtig. Aber ich bin in erster Linie Schauspieler und hab auch gar keine Zeit für eine Band. Und so geht's uns allen, wir sind alle Schauspieler. Nur Frank Ziegler, der hatte eine Band, die hieß erst 'Nevada Tan' dann 'Panik' und hat sich jetzt aufgelöst. Er ist ein toller Sänger, der bald seine erste Soloplatte veröffentlicht.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Kostja Ullmann in "Groupies bleiben nicht zum Frühstück"
Ricore: Zurück zur Schauspielerei, was wäre denn eine Rolle, die Sie unbedingt spielen möchten?

Ullmann: Ich hab nie eine 'Traumrolle' gehabt. Mir war es nur immer wichtig, verschiedene Rollen zu spielen. Ich habe jetzt gerade in "Mein eigen Fleisch und Blut" einen Heroin-Junkie gespielt. Das war eine ganz andere extreme Herausforderung. Man sieht wie grausam diese Droge ist, was sie mit den Menschen anstellt. Um solche Rollen bin ich immer froh, weil es neue Herausforderungen sind, denen ich mich stellen muss. Eine konkrete Traumrolle wäre vielleicht einmal Mogli im Dschungelbuch zu spielen.

Ricore: Wenn sie selbst auf Konzerte gehen, flippen sie dann total aus, oder bleiben sie eher ruhig?

Ullmann: Kommt auf das Konzert an. Wir waren als Vorbereitung auf den Dreh bei 'Kings of Leon', aber das ist keine Musik auf die man richtig ausflippen kann. Bei den Beatsteaks oder Mando Diao kann ich zum Beispiel ganz gut ausrasten. Das sind beides Band, bzw. Künstler, die mit dem Publikum arbeiten um eine Einheit zu schaffen. Das ist eine große Kunst, aber die beherrschen das richtig gut. Nach so einem Konzert fühlt man sich wie nach einem Marathon und kommt ganz verschwitzt nach Hause.

Ricore: Wohin ziehen Sie sich zurück, wenn Sie Ihre Ruhe brauchen?

Ullmann: Bei mir Zuhause in Hamburg. An der Alster oder am Hafen entspann ich mich am besten. Dort habe ich auch meinen alten Freundeskreis, die alle nichts mit Film oder Medien zu tun haben. Ich hab ein Jahr in Berlin gelebt und dort nur Freunde aus dem Film-/Fernsehbereich kennengelernt, dass war mir irgendwann zu anstrengend. Ganz abschalten kann ich aber am besten im Fußballstadion, ich bin HSV-Fan - natürlich mit Dauerkarte. Allgemein bin ich eher ein ruhigerer Typ, nur mit meinen Freunden im Stadion, vergesse ich dann alles und kann ich selber sein.

Ricore: Bekommen sie von ihren zahlreichen weiblichen Fans manchmal skurrile Post?

Ullmann: Naja, man bekommt mit der üblichen Fanpost auch manchmal einen Heiratsantrag zugeschickt, aber bisher war nichts Schockierendes dabei.

Ricore: Sie haben schon mit Robert Stadlober der eine Band hat, Tom Schilling ist neben dem Filmgeschäft auch Musiker, ist es nicht möglich, beide Berufe zu verbinden?

Ullmann: Auf jeden Fall. Für Robert Stadlober hat die Musik und die Schauspielerei den gleichen Stellenwert. Ich finde das bewundernswert, wenn jemand zwei Interessen mit solchem Nachdruck verfolgt. Er lebt für beides. Ich selber hab diese Passion nicht, ich war auch nie in einer Band und werde - glaub ich - auch nie eine haben.
Ralf Hake/Ricore Text
Janin Reinhardt, Kostja Ullmann auf der "Groupies"-Premiere
Ricore: Spielen Sie ein Instrument?

Ullmann: Nicht wirklich. Für den Film hab ich Gitarrenunterricht genommen, hab auch eine Zuhause, aber nie fleißig geübt.

Ricore: Hätten Sie Lust auch mal einen Film im Ausland zu drehen, vielleicht einen Ausflug nach Hollywood wagen?

Ullmann: Ich habe in Japan bei einem Dreh einen deutschen Soldaten spielen dürfen. Das war ein tolles Projekt mit Bruno Ganz und ging über drei Monate. Reizen würde mich, einen Bollywood Film zu drehen, meine Mutter ist aus Bombay und deswegen hätte ich Lust einen Film mit Shahrukh Khan zu machen. Einen richtigen Klassiker mit großer Tanzszene.

Ricore: Schauen sie gerne Bollywood Filme?

Ullmann: Früher hab ich mir viele angesehen, mittlerweile nicht mehr. Es wiederholt sich ab einem Zeitpunkt einfach vieles. Aber es gibt jetzt einen neuen: "My name is Khan". Der entspricht nicht dem klassischen Bollywood Schema und ist gar nicht so schlecht.

Ricore: Würden Sie dann wieder singen und tanzen?

Ullmann: Wieso nicht, es wäre eine Herausforderung. In Indien wird der Ton erst nach dem Dreh aufgenommen und hinzugefügt.

Ricore: Wissen Sie schon, was Ihr nächstes Projekt wird?

Ullmann: Abgedreht habe ich gerade "Mein eigen Fleisch und Blut". Das nächste Projekt trägt den Titel "Süße Datteln" und wird schönerweise in Ancona, Italien gedreht. Ich freue mich schon drauf, es geht allerdings erst in drei Wochen los.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 22. September 2010
Zum Thema
Als Lila (Anna Fischer) nach einjährigem USA-Aufenthalt nach Berlin zurückkehrt, steht die Stadt wegen der Band Kostja Ullmann) begegnet. Auch er ist von dem Mädchen angetan. Die beiden verlieben sich ineinander, ohne zu wissen, welche Turbulenzen dies zur Folge hat. "Groupies bleiben nicht zum Frühstück" ist eine kurzweilige Komödie, deren Medienkritik zugunsten der Unterhaltung stark zurückgenommen ist.
Kostja Ullmann bezeichnet sich selbst gern als großes Kind. Der gebürtige Hamburger kommt aus einer Schauspielfamilie und ist deshalb schon von Kindesbeinen an mit der Bühne vertraut. Mit elf Jahren stand er auf den Brettern des Hamburger Großstadtrevier" und dem Krimiklassiker "Tatort".Robert Stadlober 2004 in "Sommersturm". Für die Rolle bricht er seine Ausbildung an der Schauspielschule ab. Seither hat er mehrere Preise gewonnen, darunter 2008 den Das Wunder von Berlin" (2008) als auch in..
2024