Concorde Filmverleih
Laurent Cantets "Die Klasse"
Frauen - Dokus - Filmemacher
Feature: Genrekino vs. Europameister?
Alle zwei Jahre kämpft das Filmfest München mit einer Gegenveranstaltung um die Gunst der Zuschauer. Die Fußballeuropameisterschaft in Österreich und der Schweiz lockt nicht nur Sportbegeisterte, sondern auch Filmfans vor Fernseher, Leinwände und in die Stadien der beiden Alpenländer. Doch die Organisatoren fürchten sich nicht vor dem Großereignis - im Gegenteil. Mit einem bunt gemischten Programm, wenigen Promis dafür aber guter Stimmung und vor allem dem passenden Wetter für kuschelige Kinostunden rechnen sie auch in diesem Jahr mit steigenden Besucherzahlen.
erschienen am 18. 06. 2008
Während der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland verbuchte man in München kaum Einbußen. Ein Jahr später gab es sogar einen neuen Rekord: 2007 wurden rund 65.000 Eintrittskarten verkauft, so viele wie noch nie. Dass sich Fußball nicht mit Film und Kunst reiben muss, zeigte Sönke Wortmanns "Deutschland. Ein Sommermärchen". Doch genug des Rückblicks: In wenigen Tagen beginnt das 26. Filmfest München. Wir schauen nach vorn, denn an der Isar tut sich allerhand. Schon der Eröffnungsfilm bezeugt die Qualität des diesjährigen Filmfests. Laurent Cantets in Cannes 2008 gefeiertes Werk "Die Klasse" wird am Freitag, dem 20. Juni die Filmfestspiele eröffnen. Der Film läuft in der traditionellen Sektion "Nouveau Cinéma Français". Es ist nicht der einzige Beitrag, der die Reise von Cannes nach München angetreten hat. Viele Cannes-Werke werden 2008 auf der Isarmeile präsentiert, darunter auch "Un conte de Noël" und "So ist Paris" mit Juliette Binoche.
Jean-François Martin/Ricore Text
Elli Medeiros beim Photocall zu "Löwenkäfig" in Cannes 2008
Visiones Latinas
Neben der französischen Sektion gibt es weitere Bereiche, die vom Filmfest nicht mehr wegzudenken sind. So auch die "Visiones Latinas", die oftmals mit sehr eigenen und originellen Filmen aufwarten und Leckerbissen für Jedermann parat haben. Innerhalb dieser Sektion sind das progressive mexikanische und das traditionell angehauchte argentinische Kino mit rund zwölf Werken am stärksten vertreten. Aber auch hier ist der derzeitige lateinamerikanische Trend spürbar. Dieser zeigt sich vor allem in einer Kinoästhetik, die sich von den etablierten Telenovelas abwendet. Die Regisseure beschäftigen sich mehr und mehr mit der Realität. Ein Beispiel dafür ist der Cannes-Beitrag "Löwenkäfig". Den Organisatoren haben Hauptdarstellerin Elli Medeiros in die bayerische Hauptstadt eingeladen.
Filmfest München
Plakat des Filmfest München 2008
Dokumentationen weiter en vogue
Auch beim diesjährigen Filmfest München sind der Boom der Dokumentationen ungebrochen. So sind in den Festivalsektionen "American Independents", "Internationales Programm", "Neue deutsche Kinofilme", "Nouveau Cinéma Français" und in "Visiones Latinas" zahlreiche Dokumentationen vertreten. Peter Schamoni stellt in seinem Werk "Botero - Born in Medellin" den wohl bekanntesten lateinamerikanisches Maler, Fernando Botero vor. Zu den mit großer Spannung erwarteten Musikdokumentationen gehört ohne Zweifel "Die Widerständigen" von Katrin Seybold oder der argentinische Beitrag "Wir bauen eine Stadt". Auch die Sektion "Deutsche Fernsehfilme" wartet 2008 mit insgesamt vier Dokumentarfilmen auf - so viele wie noch nie.
Warner Home Video
Frank Sinatra in "Frankie und seine Spießgesellen"
Stars an der Isar
Internationaler Stars sind in München heuer die Ausnahme. Natürlich hat sich CineMerit Preisträgerin Julie Christie angekündigt. Auch Michael Verhoeven, David Lynchs Tochter Jennifer, Julia Ormond und Monica Bleibtreu werden erwartet. Aber die großen Namen fehlen. Herbert Achternbusch, dem 2008 eine Retrospektive gewidmet ist, ist in München anwesend. Seine Filme sind jedoch nicht die einzigen Klassiker, mit denen die Organisatoren Filmfreunde aus dem ganzen Land anziehen wollen. Die diesjährige Open Air Sektion widmet sich dem Thema "Las Vegas". Alte Hollywoodfilme wie "Frankie und seine Spießgesellen" mit dem legendären Rat Pack und neuere Produktionen wie "Angst und Schrecken in Las Vegas" mit Johnny Depp und Benicio Del Toro werden dem Publikum im Hof des Gasteig kostenfrei vorgeführt. Es bleibt zu hoffen, dass das Wetter mitspielt.
Verleih
The 27 Club
Angst und Schrecken
Während die Beiträge in der Sektion "American Independents" die allgemeine Stimmung der im Wahlkampf steckenden Supermacht wiedergeben, beschäftigen sich die Werke des neuen deutschen Kinos mit dem Thema "Angst". Dennoch scheint bei beiden klar zu sein: Der Trend geht wieder zum Autoren- und Genrekino. Unter den vielen amerikanischen Beiträgen sind das Roadmovie "The 27 Club" und der für den CineVision Award nominiert Beitrag "Ibid" zu erwähnen. In beiden Filmländern, in Deutschland als auch in Amerika, ist eine Tendenz in Richtung des Dokumentarischen, beziehungsweise des Semidokumentarischen, spürbar. Diesem Trend scheint sich inzwischen auch die asiatische Filmindustrie anzuschließen. Dem Organisatorenteam des Filmfests München entging dies nicht. Unter dem Motto "Das Jahr des Drachen" werden dem Publikum Filme präsentiert, die sich mit Selbstmord, Vater-Sohn-Konflikt, Kinderhandel und die Liebe beschäftigen. Yin Lichuans durchaus komödiantisches Werk "Stricken" ist der einzige Beitrag einer Frau in dieser Sektion.

Dies ist nur ein kurzer Ausblick auf das, was Filmfreunde in den zehn Tagen Filmfest München erwartet. Insgesamt werden 237 Filme aus 41 Ländern in deutscher Erstaufführung gezeigt. Aber auch neue Werke renommierter Künstler kommen zur Aufführung. 15 Leinwände und fünf Kinos stehen dafür zur Verfügung.
erschienen am 18. Juni 2008
2024