20th Century Fox, Sebastian Gabsch
Josh Brolin in "Deadpool 2" (2018)
Endlich mal Ryan Reynolds verprügeln...
Interview: Josh Brolin zu "Deadpool 2"
Josh Brolin hat Hollywood erst spät erobert. Heute ist der 50-jährige einer der "Men in Black", Teil der Task Force in "Sicario", der zweite Teil kommt im Juli ins Kino. Als gewissenloser Bösewicht Thanos bedroht Brolin gerade die Welt der "Avangers" in "Infinity War". Und nun kämpft er in "Deadpool 2", dem zweiten Comic-Reich des Marvel-Imperiums, den X-Men, als Cable zunächst gegen Superheld Deadpool. Hinter dessen Maske verbirgt sich erneut Ryan Reynolds.
erschienen am 4. 06. 2018
20th Century Fox, StarPix
Ryan Reynolds & Josh Brolin auf der New Yorker Premiere von "Deadpool 2" (2018)
Bichts, was mich glücklicher machen könnte!
Ricore Text: Haben Sie es genossen, Ryan Reynolds zu verprügeln?

Josh Brolin: Es gibt nichts, was mich glücklicher machen könnte. Er ist so klug, sieht viel zu gut aus und ist auch noch erfolgreich. Er verkörpert alles, was ich hasse. Nein, ich habe mich über seine Anfrage gefreut, ich wusste, worauf ich mich einlasse. Vor Jahren habe ich wochenlang für eine knapp fünfminütige Kampfszene hunderte Bewegungen einstudiert. Sie wurde in einer Einstellung gedreht, von den sieben Versuchen war einer sehr gut. Aber jetzt bin ich 20 Jahre älter. Ryan und ich sind oft völlig kaputt und von Schmerzen gepeinigt vom Set geschlichen. Daher habe ich keine Ahnung, wie ich die drei Filme überstehe, für die ich mich vertraglich verpflichtet habe.

Ricore Text: Was hat Sie überzeugt, es überhaupt zu versuchen?

Josh Brolin: Geld, sehr viel Geld. Meine Kinder sind erwachsen, solche Filme geben mir die Chance, mit einer großen Entourage durch die Welt zu touren. Darauf kommt es mir natürlich nicht an. Ich bin ein großer Fan des ersten "Deadpool"-Films. Deshalb habe ich das Drehbuch der Fortsetzung sofort verschlungen. Anschließend habe ich mich 90 Minuten in einem Lachanfall gekrümmt und zugesagt.

Ricore Text: Wie sah Ihr Training aus?

Josh Brolin: Elf Wochen lang folgte ich einem strengen Ernährungs- und Fitnessprogramm. Zucker verschwand aus meinem Speiseplan. Ich habe jedes Nahrungsmittel penibel abgewogen. Drei Stunden täglich verbrachte ich im Fitness-Studio Mekka in Venice Beach, das Arnold Schwarzenegger bekannt gemacht hat und in dessen Nähe ich lebe. Ich hatte Angst vor einer Verletzung Daher habe ich alle Übungen mit wenig Gewicht und mit sehr langsamen Bewegungen absolviert. Die ersten beiden Wochen waren schwer. Mein Gehirn wehrte sich gegen die Überanstrengung und die ungewohnten Reize. Ich dachte oft, ich werde sterben. Danach fühlte ich mich besser, das Training machte Spaß. Sport gehört sicher nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, aber die physiologischen Veränderungen des Körpers sind faszinierend.

Ricore Text: War es ein Vorteil, dass Regisseur David Leitch früher Stunt-Choreograf war?

Josh Brolin: David ist ein toller Arrangeur, ich arbeite seit acht Jahren mit seiner Crew. Ihn selbst hatte ich nie kennen gelernt. Er weiß genau, was er will. Wenn ich ans Set kam, hatte ich die Szenen meist länger als eine Woche geübt. Ich fühlte mich gut vorbereitet, aber David hatte stets etwas auszusetzen. Innerhalb weniger Minuten musste ich seine Vorschläge umsetzen, was weder meinen Daumen noch meinem Knie gut bekam. Mein Kopf kam mit der Koordination oft nicht hinterher. Umso glücklicher bin ich mit dem Resultat. Für einen Fünfzigjährigen sehe ich gut aus.

Ricore Text: Müssen Sie die gesamte Zeit so grimmig gucken?

Josh Brolin: Ich bin jeden Drehtag um zwei Uhr morgens aufgestanden, um fit zu sein, wenn ich gegen vier abgeholt wurde. Dann saß ich drei Stunden lang auf einem Stuhl in der Maske. Nach zwölf Stunden Dreh brauchte ich nochmals 90 Minuten für das Abschminken. Dieser Rhythmus hob gewiss nicht meine Stimmung.
20th Century Fox, Sebastian Gabsch
Josh Brolin in "Deadpool 2" (2018)
Josh Brolin: Ich vertraue den Eltern
Ricore Text: Der Film vermittelt die Botschaft, sich in den Gegner hineinzuversetzen und lieber einmal mehr zu verhandeln als gleich zu schießen. Ganz ohne Gewalt kommt er aber nicht aus?

Josh Brolin: Ich sehe das gelassen und vertraue den Eltern Sie müssen entscheiden, welche Filme ihre Kinder sehen dürfen. Ich habe zum Beispiel mein Kostüm für einen guten Zweck versteigern lassen. Daraufhin schrieb mir eine Mutter, ihr Sohn sei ein großer Fan von Cable. Den Film darf er trotzdem nicht sehen.

Ricore Text: Wie wichtig ist diese Botschaft in der gegenwärtigen politischen Situation, erst zu verhandeln und dann zu kämpfen?

Josh Brolin: Wir brauchen wieder Momente des Miteinanders, in denen wir gemeinsam lachen, und müssen versuchen, uns in den anderen hineinzuversetzen. Was vielen Amerikanern schwer fällt. Ich bin immer viel gereist. Mit 19 war ich das erste Mal in Berlin, sah die Mauer und war in Ostberlin. Ich kenne die Perspektiven von Menschen in anderen Ländern. Diese Erfahrung fehlt vielen Amerikanern, die nie aus ihrer Umgebung raus gekommen sind. Ich kann sie dafür nicht verurteilen, ich verstehe ihren eingeschränkten Blick auf die Welt. Ich möchte sie nur manchmal am Kragen packen und zur nächsten Straßenecke schleppen, damit sie die Diversität der Welt schätzen lernen.

Ricore Text: Im Film sind Sie ein Zeitreisender. Wohin würden Sie gerne selbst reisen?

Josh Brolin: Ich lebe gerne heute, ich möchte nicht tauschen. Weil ich endlich das machen kann, was ich immer wollte und in knapp drei Jahren fünf Action und Arthouse-Filme gedreht habe. Ich bin vielleicht am glücklichsten Moment meiner Karriere, der sich nie wiederholen wird.

Ricore Text: Was reizte Sie an Thanos, den Sie in den "Avengers" spielen?

Josh Brolin: Er ist der schrecklichste Tyrann im ganzen Universum. Ich war überrascht, dass Marvel ihn nach dem Vorbild Gollums im "Herr der Ringe" wie einen Bösewicht aufbaute, dessen Schicksal den Zuschauer nicht kalt lässt. Die Figur hatte genug emotionalen Tiefgang und ausreichend Facetten.

Ricore Text: Wobei es schon auffallend ist, dass viele Schauspieler heute diesen Spagat zwischen Arthouse und Action meistern?

Josh Brolin: Action-Filme wurden lange als B-Movies unterschätzt. Regisseur Kevin Feige begann dies zu verändern, als er Mark Ruffalo erfolgreich als Hulk besetzte. Darauf haben Studios und Autoren reagiert. Aus holzschnittartigen Comic-Figuren wurden Superhelden aus Fleisch und Blut.

Ricore Text: Wie geht es weiter mit Cable?

Josh Brolin: Ryan und ich wollen Deadpool und Cable zu einem unschlagbaren Duo aufbauen, dass die Filme so prägt wie Nick Nolte und Eddie Murphy einst die "48 Stunden"-Filmreihe.

Ricore Text: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 4. Juni 2018
Zum Thema
Josh Brolin ist der Sohn des legendären Schauspielers James Brolin. Es gelang ihm schon früh, aus dem Schatten seines Vaters herauszutreten. Im April 2000 gewann er das Promi-Rennen Diane Lane zum zweiten Mal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit Alice Adair hat er zwei Kinder, Tochter Eden und Sohn Trevor. Seit 1998 ist er der Stiefsohn von Barbra Streisand, nachdem diese seinen Vater heiratete. 2008 präsentiert Brolin mit "X" sein Regiedebüt. Dank "No Country for Old Men" und "Milk" hat..
Deadpool 2 (Kinofilm)
Seine Bewährungsprobe als Superheld hat Deadpool (Ryan Reynolds) überstanden. Die Bösen schaltete er gekonnt aus. Nun gehen die Abenteuer des Anti-Helden mit dem losen Mundwerk in die zweite Runde. 783 Millionen US-Dollar spielt "Deadpool" ein. Kein Wunder, dass die Macher auf das gleiche Erfolgsrezept setzen, das hauptsächlich aus rüden Sprüchen und spektakulärer Action besteht.
2024